Chmielewski, Karl (Prozess/ KZ Gusen)
Biographical History
Karl Chmielewski wurde am 16. Juli 1903 in Frankfurt am Main als Sohn von Richard Chmielewski und Anna Chmielewski, geborene Eiermann, geboren. Von 1909-1911 besuchte er die Grundschule des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums in Frankfurt, anschließend die Realschule in Buchschlag und Langen (Hessen) und für ein Jahr die Gewerbeschule in Frankfurt. Nachdem die Familie 1919 nach München übergesiedelt war, erlernte Chmielewski hier in den Jahren 1920-1923 das Elfenbeinbildhauerhandwerk. 1924 legte er die Gehilfenprüfung ab und arbeitete die Jahre darauf bei verschiedenen Firmen als Gehilfe. Im März 1929 heiratete er Maria Staats; aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor.Chmielewski trat am 01. Dezember 1932 der NSDAP und der SS bei. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zählte er zum Stab des Reichsführer SS. 1935 wurde er zur Kommandantur des Konzentrationslagers Columbiahaus, 1936 zum Konzentrationslager Sachsenhausen beordert, wo er als Unterkunfts- und Häftlingsverwalter tätig war.Im Frühjahr 1940 wurde er zum Konzentrationslager Mauthausen versetzt. Dort leitete er den Aufbau des circa 5km entfernt liegenden Nebenlagers in Gusen und übernahm im März 1940 die Funktion des "Schutzhaftlagerführers" von Gusen. Am 09. November 1940 wurde er vom SS-Obersturmführer zum SS-Hauptsturmführer befördert.Zu Beginn des Jahres 1943 wurde Chmielewski als Kommandant ins Konzentrationslager Herzogenbusch nach Holland versetzt. Im Oktober 1943 wurde er aus unbekanntem Anlass durch das SS- und Polizeigericht Berlin wegen "Überschreitung der Befehlsgewalt" verurteilt und in das Lager Dachau überstellt. Das SS- und Polizeigericht München rehabilitierte ihn im Februar 1945.Nach Kriegsende nach Karl Chmielewski den Mädchennamen seiner Mutter an und ließ sich im Landkreis Ansbach nieder. Ohne seine erste Ehre aufzulösen, heiratete er 1949 Kläre Bauer, geborene Fischer.Als 1954 den Untergetauchten Straffreiheit für falsche Namensführung zugesichert wurde, meldete sich Karl Chmielewski bei der Polizei, deckte seine Vergangenheit jedoch nicht auf. Erst aufgrund einer Aussage des ehemaligen Lagerältesten von Gusen, Johann Kammerer, vom Mai 1955, die zahlreiche Personen, darunter auch Chmielewski, belastete, leitete das Bayerische Landeskriminalamt auf Antrag des Generalstaatsanwalts in München Ermittlungen gegen Karl Chmielewski ein.Am 12. März 1956 wurde er, zuletzt in Neues bei Windsbach wohnhaft und in den Victoriawerken in Nürnberg tätig, in Untersuchungshaft genommen. Zunächst hatte er sich in einem Verfahren wegen Meineids, Doppelehe und zweier Berufsdelikte zu verantworten, in dem er vom Schöffengericht Ansbach am 29. März 1957 zu einem Jahr Haft verurteilt wurde. Seine erste Ehe wurde geschieden, die zweite für nichtig erklärt.Nach Abschluss der Ermittlungen wegen Mordes im Lager Gusen übertrug der Generalbundesanwalt am 07. Dezember 1959 sodann die weitere Strafverfolgung an die Staatsanwaltschaft Ansbach, die am 27. Februar 1958 die gerichtliche Voruntersuchung eröffnete.Mit dem Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Ansbach vom 11. April 1961 wurde der damals 58jährige zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen Mordes in 282 Fällen verurteilt. In den darauffolgenden Jahren versuchte Karl Chmielewski mit Hilfe seines Rechtsanwalts Richard Hengstler, über den Weg der Revision, mehrere Wiederaufnahmeanträge und Gnadengesuche eine Entlassung aus der Haftanstalt zu erreichen.Im März 1979 wurde "im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Verurteilten" ein Gnadengesuch "für die Dauer der stationären Behandlung in einer geeigneten Anstalt" bewilligt. Damit eröffnete sich für ihr der Weg aus der Haft.Karl Chmielewski starb im Dezember 1991.
Scope and Content
Im Dezember 1991 wurde die Sammlung Karl Chmielewski dem Institut für Zeitgeschichte von Herta Zeitler übergeben (Archivkorrespondenz A X/5). Die Papiere erstrecken sich über den Zeitraum von 1956-1982 und beinhalten Akten aus dem Strafverfahren gegen Chmielewski von 1958-1979, außerdem Materialien, Aufzeichnungen und Korrespondenzen der Verteidigung (Karl Chmielewski wurde anfangs von Rechtsanwalt Till Burger vertreten, ab Oktober 1958 von Rechtsanwalt Richard Hengstler aus Nürnberg. Als sich Hengstler im Mai 1976 aus gesundheitlichen Gründen aus seiner Kanzlei zurückzog, übernahm dessen Kollege Victor Florescu teilweise sie Vertretung Chmielewskis. Der Kontakt zu Hengstler blieb dennoch bestehen. Nach dem Tode Hengstlers im April 1979 wurde Dietmar Kattwinkel sein Nachfolger). Zum größten Teil handelt es sich um die Unterlagen von Hengstler, die nach dessen Tod vermutlich an Chmielewski ausgehändigt wurden. Dies belegen die im Original vorliegenden Briefe Chmielewskis an seinen Verteidiger, ebenso die zahlreichen stenographischen Notizen und Unterlagen von Hengstler. Zum anderen besteht die Sammlung aus eigenen Unterlagen Chmielewskis.Den unmittelbaren Prozessakten sind Materialien und Aufzeichnungen der Verteidigung angeschlossen, wobei zwischen Hengstlers und Chmielewskis getrennt wurde. Bei der Auflistung der handschriftlichen Aufzeichnungen Chmielewskis wurden seine Betitelungen und damit gleichzeitig seine Rechtschreib- und Grammatikfehler übernommen. Die Zitate wurden mit Anführungszeichen gekennzeichnet.Einen weiteren Schwerpunkt bildet die umfangreiche Korrespondenz der Verteidigung. Überwiegens handelt es sich hierbei um den Briefwechsel zwischen Hengstler und seinem Mandanten, aber auch um Korrespondenzen mit unterschiedlichen Partnern, die zur Koordination und Ausführung der Verteidigung dienten. Da bei der Bearbeitung des Bestandes eine personelle Trennung der Korrespondenzen aufgrund der engen Zusammenarbeit Hengstlers mit Chmielewski und deren durchgehend gemeinsamem Vorgehen nicht sinnvoll schien, wurden diese chronologisch sortiert, um so den Schriftwechsel in seiner ganzen Bandbreite und die Vernetzung des Informationsaustausches und der Korrespondenzpartner sichtbar werden zu lassen. Abgetrennt hiervon ist die Korrespondenz mit Heinz Jentzsch und dessen Rechtsanwältin: Das die Verteidigung von Heinz Jentzsch, angeklagt wegen der "Totbadeaktionen" im Konzentrationslager Gusen und im Oktober 1968 vom Schwurgericht Hagen zu lebenslanger Haft verurteilt, in engem Zusammenhang zu der Verteidigung von Karl Chmielewski stand, fand zwischen den jeweiligen Verteidigern ab 1961 ein reger Austausch der Ermittlungsergebnisse und Urteile sowie der Koordination weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen statt. Bis zu einem gewissen Maße ist der Fall Jentzschs parallel zum Fall Chmielewski zu betrachten.Teilweise konnten Briefanlagen, vor allem Zeitungsausschnitte, nicht mehr zugeordnet werden und befinden sich nun im Abschnitt D der Sammlung (Zeitungsausschnitte). Stenographische Notizen von Rechtsanwalt Hengstler, die einigen Briefen und Prozessakten direkt beigeordnet waren, wurden nicht abgetrennt.Private Korrespondenzen von Karl Chmielewski sind im Bestand kaum, persönliche Unterlagen überhaupt nicht vorhanden.
Conditions Governing Access
Die Benutzung des Bestandes erfolgt nach Benutzungsordnung des IfZ-Archivs. März 1998, Sandra Kränzle