Nachlass Konrad Morgen
Extent and Medium
1,05 lfd. m.
Scope and Content
Im Jahr 2005 boten befreundete Nachbarn des Ehepaars Morgen dem Fritz Bauer Institut den Nachlass des SS-Richters und Zeugen im 1. Frankfurter Auschwitzprozess, Konrad Morgen (1909 - 1982) als Schenkung an. Die Ehefrau Morgens hatte den Nachlass ihres Mannes mit allen Rechten vor ihrem Tod auf das Ehepaar in der Nachbarschaft ihres Ferienhauses in Niedernhausen im Taunus übertragen.
Konrad Morgen wurde am 08.06.1909 in Frankfurt am Main geboren. Er studierte Rechtswissenschaft an den Universitäten Frankfurt am Main, Rom, Berlin und Den Haag. 1933 trat er in die NSDAP und in die SS ein. Im Jahr darauf folgte die 1. und 1938 dann die 2. Juristische Staatsprüfung sowie 1936 eine Promotion mit dem Thema "Kriegspropaganda und Kriegsverhütung" an der Universität Frankfurt am Main. Anschließend war Morgen als Assessor an den Amtsgerichten Usingen, Naugard und Stettin sowie am Landgericht Stettin und als Rechtsberater bei der Deutschen Arbeitsfront in Stettin tätig. 1939 wurde er zur Waffen-SS einberufen und zur Kriegsgerichtsbarkeit der SS als Richter am Hauptamt SS-Gericht in München versetzt. Ab 1941 arbeitete er als Hilfsrichter am SS- und Polizeigericht Krakau. 1942 wurde er vom Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, dieses Amtes enthoben, degradiert und an die Ostfront versetzt. Im Mai 1943 holte Himmler Morgen an das Reichkriminalpolizeiamt in Berlin und beauftragte ihn nach Einsetzung in seinen alten Dienstgrad mit der Ermittlung und Anklageerhebung in sogenannten Korruptionsfällen in Konzentrationslagern. Gemeint waren hiermit Wirtschaftsdelikte, bei denen sich das Lagerpersonal am Besitz von Häftlingen bereichert hatte. In dieser Funktion ermittelte Morgen u.a. gegen den ehemaligen Lagerkommandanten des Konzentrationslagers Buchenwald, Karl Koch, und untersuchte Eigentumsdelikte in den Konzentrationslagern Auschwitz, Flossenbürg, Dachau und Lublin. Im November 1944 wurde Morgen beurlaubt und zunächst als SS-Chefrichter nach Krakau und anschließend nach Breslau versetzt. 1945 wurde er in Nürnberg und Ludwigsburg interniert und trat als Zeuge im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, den Nürnberger Nachfolgeprozessen I (Nürnberger Ärzteprozess), IV (Prozess gegen das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS), XI (Wilhelmstraßenprozess) und dem Buchenwald-Hauptprozess auf. Ab 1950 ließ er sich als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main nieder. Bis Ende der 1970er-Jahre sagte er als Zeuge in mehreren NSG-Verfahren vor bundesdeutschen Gerichten aus, u.a. im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess sowie im Düsseldorfer Majdanek-Prozess. Morgen starb am 04.02.1982 in Frankfurt am Main.
Sein Nachlass umfasst Lebensdokumente, Tagebücher, Manus- und Typoskripte sowie Korrespondenzen aus den Jahren 1900 bis 1980. Ergänzt werden diese Dokumente um eine umfangreiche Sammlung von Materialien, die das Fritz Bauer Institut ab 2008 zu seiner Person und zu seinem Auftreten als Zeuge im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, den Nürnberger Nachfolgeprozessen und dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess angelegt hat.
Der Nachlass Konrad Morgen umfasst nach Erschließung, Entmetallisierung und Umbettung 64 Archiveinheiten mit einem Umfang von insgesamt 1,05 lfd. m. Er besaß ursprünglich nur eine sehr rudimentäre Ordnung, weshalb bei der Erschließung durch den Bearbeiter Johannes Beermann-Schön im Oktober 2016 eine Neuordnung geschaffen werden musste. Sie orientiert sich an den "Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen" (RNA).
Der Nachlass Konrad Morgen gliedert sich in die vier Teilbereiche "Werke", "Korrespondenzen", "Lebensdokumente" und "Sammlungen". Der Bereich "Werke" umfasst alle von Konrad Morgen selbst geschaffenen Aufzeichnungen, also beispielsweise seine Tagebücher der Jahre 1945 bis 1971, sein Notizbuch, seine Doktorarbeit "Kriegspropaganda und Kriegsverhütung" sowie diverse Typoskripte und Typoskriptfragmente.
Im Bereich "Korrespondenzen" findet sich ein umfangreicher Briefwechsel zwischen Konrad Morgen und seiner späteren Ehefrau aus den Jahren 1941 bis 1948 mit einem Schwerpunkt auf die Internierungszeit Konrad Morgens zwischen 1945 und 1948. Ebenfalls enthält der Bereich "Korrespondenzen" Briefwechsel zwischen Konrad Morgen, seiner späteren Ehefrau und den Eltern Morgens aus den Jahren 1939 bis 1947 sowie Korrespondenzen mit Freunden und Bekannten und Mithäftlingen aus der Internierungszeit.
Der Bereich "Lebensdokumente" ist chronologisch geordnet und folgt den Lebensabschnitten Konrad Morgens. Er umfasst Materialien aus der privaten und beruflichen Lebensführung, wie Belege und Erinnerungen aus Schulzeit, Studium, Promotion und Referendariat, Dokumente aus seiner Zeit als Gerichtsassessor in Stettin, als Richter am SS- und Polizeigericht in Krakau, aus der Internierungszeit in Nürnberg und Ludwigsburg sowie seiner Zeugentätigkeit in NSG-Prozessen und betreffend Ermittlungsverfahren gegen ihn in den Jahren 1959, 1961, 1968 und 1970.
Ergänzt wird der Bereich "Lebensdokumente" durch den Bereich "Sammlungen". Dieser setzt sich aus vom Fritz Bauer Institut zusammengetragenen Materialien zu Konrad Morgens Zeugentätigkeit im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, dem Nürnberger Nachfolgeprozess VI (Prozess gegen das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS), dem Nürnberger Nachfolgeprozess XI (Wilhelmstraßenprozess) und dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess zusammen. Außerdem enthält er die amtlichen Niederschriften der Zeugenaussagen der beiden SS-Juristen Günther Reinecke und Hans Bernhard Brausse im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess.
Subjects
- Düsseldorfer Majdanek-Prozess
- Nürnberger Nachfolgeprozess IV (Prozess gegen das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS)
- Buchenwald-Hauptprozess
- Nürnberger Nachfolgeprozess II (Ärzte-Prozess)
- Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess
- 1. Frankfurter Auschwitz Prozess
- Nürnberger Nachfolgeprozess XI (Wilhelmstraßen-Prozess)
Places
- Nürnberg
- Breslau
- Berlin
- Krakau
- Frankfurt am Main
Bequest Konrad Morgen
Extent and Medium
1.05 running meters
Scope and Content
In 2005, friends and neighbours of the Morgens offered the bequest of Konrad Morgen (1909-1982) as a gift to the Fritz Bauer Institute. Konrad Morgen was a SS judge and witness at the First Frankfurt Auschwitz trial. Before her death, Morgen's wife had transferred her husband's bequest with all rights to the couple living in the neighbourhood of their vacation home in Niedernhausen im Taunus.
Konrad Morgen was born on June 8, 1909 in Frankfurt (Main). He studied law at the University of Frankfurt (Main), Rome, Berlin and The Hague. In 1933, he joined the NSDAP and the SS. In the following year, he passed the first state law examination and the second in 1938. In 1936, he earned his doctorate at the University Frankfurt (Main) writing on the topic of "war propaganda and war prevention" ("Kriegspropaganda und Kriegsverhütung"). He subsequently worked as an assessor for the Amtsgericht Usingen, Naugard and Szczecin and as a legal counsel for the German Labour Front in Szczecin. In 1939, he was conscripted into the Waffen SS and was transferred to the SS's court martial as a judge at the Hauptamt SS-Gericht in Munich. From 1941 onwards, he was an assistant judge at the SS and police court in Krakow. In 1942, he was suspended from this office by the Reichsführer SS, Heinrich Himmler, degraded and removed to the eastern front. In May 1943, Himmler appointed Morgen to the Reichskriminalpolizeiamt in Berlin, reinstated him in his former rank and assigned to him the investigation and arraignment of the so called "cases of corruption" in concentration camps. This targeted economic felonies through which the camp personnel enriched themselves from the prisoner's property. Among other things, Morgen investigated the former camp commandant of the Buchenwald concentration camp Karl Koch, and property crimes at Auschwitz, Flossenbürg, Dachau and Lublin concentration camp. In November 1944, Morgen was put on leave and as an SS senior judge (SS-Chefrichter) moved to Krakow and then to Breslau. In 1945, he was interned in Nuremberg and Ludwigsburg. He testified at the trial of the major war criminals in Nuremberg, the subsequent Nuremberg trial I (Doctors' trial), IV (WVHA trial), XI (Wilhelmstrasse trial) and at the Buchenwald trial. From 1950 onwards, he established himself as a lawyer in Frankfurt (Main). To the end of the 1970s, he testified at several Federal German proceedings regarding Nazi violent crimes (NSG-Verfahren), for example, the First Frankfurt Auschwitz trial and the Dusseldorf Majdanek trial. Morgen died in Frankfurt (Main) on February 4, 1982.
His bequest includes personal documents, diaries, manuscripts, typescripts and correspondences of the years 1900 to 1980. These documents are complemented by a comprehensive collection of material compiled by the Fritz Bauer Institute from 2008 onwards, regarding his person and his testimony at the trial of the major war criminals in Nuremberg, the subsequent Nuremberg trials and the First Frankfurt Auschwitz trial.
After description, demetallization and filing, the bequest Konrad Morgen contains 64 archival units with a total extent of 1.05 running meters. Originally, it was only structured rudimentarily. During indexing in October 2016, the processor Johannes Beermann-Schön reorganized the collection. It follows the "rules for the description of personal papers and autographs" (RNA, Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen).
The bequest Konrad Morgen is structured in four sections: "opus" ("Werk"), "correspondence" ("Korrespondenzen"), "personal documents" ("Lebensdokumente") and "collections" ("Sammlungen"). The section "opus" ("Werk") contains all records created by Konrad Morgen himself, for example, his diaries of the years 1945 to 1971, his notebook, his dissertation "Kriegspropaganda und Kriegsverhütung", as well as many typescripts and fragments of typescripts.
The section "correspondence" ("Korrespondenzen") covers an extensive exchange of letters between Konrad Morgan and his future wife from the years 1941 to 1948 with a focus on Morgen's time at the detention camp between 1945 and 1948. The section also contains an exchange of letters between Konrad Morgen, his future wife, and Morgen's parents between 1939 and 1947, as well as correspondence with friends and acquaintances and fellow prisoners.
The section "personal documents" ("Lebensdokumente") is structured chronologically according to the periods of Morgen's life. It contains material of his private and professional life. For example, receipts, remembrances of his school and college days, dissertation and preparatory service, documents from his time as a court assessor in Szczecin, and as a judge at the SS and police court in Cracow, from his time at the detention camps in Nuremberg and Ludwigsburg, as well as from his testimony at proceedings regarding Nazi violent crimes (NSG-Verfahren), and regarding the investigation proceedings against him in the years 1959, 1961, 1968 and 1970.
The section "personal documents" ("Lebensdokumente") is complemented by the section "collections" ("Sammlungen"). It includes material gathered by the Fritz Bauer Institute concerning Morgen's testimony at the trial of the major war criminals in Nuremberg, the subsequent Nuremberg trial VI (WVHA trial) and XI (Wilhelmstrasse trial) and the First Frankfurt Auschwitz trial. It also contains the official minutes of the SS jurists Günther Reinecke and Hans Bernhard Brausse at the trial of the major war criminals in Nuremberg.
Subjects
- Subsequent Nuremberg Trial IV (WVHA trial)
- First Frankfurt Auschwitz Trial
- Buchenwald Trial
- Subsequent Nuremberg Trial XI (Wilhelmstrasse trial)
- Subsequent Nuremberg Trial I (Doctors trial)
- Dusseldorf Majdanek Trial
- Trial of the major war criminals before the International Military Tribunal in Nuremberg
Places
- Berlin
- Krakow
- Frankfurt (Main)
- Wroclaw
- Nuremberg