Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen

Identifier
B 162
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1958 - 31 Dec 2003
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

80257 Aufbewahrungseinheiten

800,0 laufende Meter

Creator(s)

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen wurde durch eine Verwaltungsvereinbarung der Justizminister und -senatoren der Länder vom 6. November 1958 gegründet und nahm ihre Tätigkeit am 1. Dezember 1958 auf. Sie ist eine gemeinschaftliche Einrichtung aller Landesjustizverwaltungen der Bundesrepublik.

Die Zuständigkeit der Zentralen Stelle beschränkte sich zunächst auf solche NS-Verbrechen, deren Tatort außerhalb des Bundesgebietes lag, und die zwar im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen, jedoch außerhalb der eigentlichen Kriegshandlungen begangen worden waren. Zu bearbeiten waren hierbei insbesondere auch NS-Verbrechen in Konzentrations- und ähnlichen Lagern.

Erheblich erweitert wurde diese Zuständigkeit durch die Beschlüsse auf den Konferenzen der Justizminister der Länder am 22. November 1964 und am 27./28. April 1966. Seither hat die Zentrale Stelle auch solche NS-Verbrechen aufzuklären, die sich im Bundesgebiet selbst ereignet haben. Insbesondere sind auch Vorermittlungen gegen Angehörige der obersten Reichsbehörden und obersten Parteidienststellen und Angehörige der Lagermannschaften von im Bundesgebiet gelegenen Konzentrationslagern zu führen. Der Grundsatz, dass die Zentrale Stelle nur NS-Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung aufzuklären hat, ist insoweit durchbrochen worden, als seither auch (bestimmte) Verbrechen gegenüber Kriegsgefangenen aufzuklären sind.

Aufgabe der Zentralen Stelle ist es seither, das gesamte erreichbare Material über NS-Verbrechen im In- und Ausland zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es dabei, nach Ort und Zeit begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten und festzustellen, welche daran beteiligten Personen noch verfolgt werden können. Sind für einen Tatkomplex der Kreis der verfolgbaren Täter und die zuständige Staatsanwaltschaft festgestellt, so schließt die Zentrale Stelle ihre Vorermittlungen ab und leitet den Vorgang der Staatsanwaltschaft zu. Diese ist verpflichtet, grundsätzlich den gesamten Verfahrenskomplex zu bearbeiten.

Bestandsbeschreibung

Behördengeschichte

Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen wurde durch eine Verwaltungsvereinbarung der Justizminister und -senatoren der Länder vom 6. November 1958 gegründet und nahm ihre Tätigkeit am 1. Dezember 1958 auf. Sie ist eine gemeinschaftliche Einrichtung aller Landesjustizverwaltungen der Bundesrepublik.

Die Zuständigkeit der Zentralen Stelle beschränkte sich zunächst auf solche NS-Verbrechen, deren Tatort außerhalb des Bundesgebietes lag, und die zwar im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen, jedoch außerhalb der eigentlichen Kriegshandlungen begangen worden waren. Zu bearbeiten waren hierbei insbesondere auch NS-Verbrechen in Konzentrations- und ähnlichen Lagern.

Erheblich erweitert wurde diese Zuständigkeit durch die Beschlüsse auf den Konferenzen der Justizminister der Länder am 22. November 1964 und am 27./28. April 1966. Seither hat die Zentrale Stelle auch solche NS-Verbrechen aufzuklären, die sich im Bundesgebiet selbst ereignet haben. Insbesondere sind auch Vorermittlungen gegen Angehörige der obersten Reichsbehörden und obersten Parteidienststellen und Angehörige der Lagermannschaften von im Bundesgebiet gelegenen Konzentrationslagern zu führen. Der Grundsatz, dass die Zentrale Stelle nur NS-Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung aufzuklären hat, ist insoweit durchbrochen worden, als seither auch (bestimmte) Verbrechen gegenüber Kriegsgefangenen aufzuklären sind.

Aufgabe der Zentralen Stelle ist es seither, das gesamte erreichbare Material über NS-Verbrechen im In- und Ausland zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es dabei, nach Ort und Zeit begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten und festzustellen, welche daran beteiligten Personen noch verfolgt werden können. Sind für einen Tatkomplex der Kreis der verfolgbaren Täter und die zuständige Staatsanwaltschaft festgestellt, so schließt die Zentrale Stelle ihre Vorermittlungen ab und leitet den Vorgang der Staatsanwaltschaft zu. Diese ist verpflichtet, grundsätzlich den gesamten Verfahrenskomplex zu bearbeiten.

Bestandsgeschichte

Infolge einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Übernahme der Unterlagen der Zentralen Stelle mit Wirkung vom 1. Januar 2000 hat das Bundesarchiv im selben Jahr in Ludwigsburg eine Außenstelle eingerichtet. Derzeit befinden sich alle bis zum Jahr 2003 begonnen Vorgänge der Zentralen Stelle, die nicht mehr für aktuelle Zwecke der Strafverfolgung benötigt werden, als Archivgut in der Zuständigkeit des Bundesarchivs und unterliegen bei der Benutzung den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes und der genannten Verwaltungsvereinbarung. Die jüngeren Vorgänge sowie die Dienstakten der Zentralen Stelle werden zu einem späteren Zeitpunkt an das Bundesarchiv abgegeben. Die Zentrale Stelle kann jederzeit vorrangig vor anderen Benutzern auf das Archivgut zurückgreifen.

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Die Unterlagen der Zentralen Stelle werden generell als archivwürdig bewertet. Eine Kassation findet nur bei offensichtlichen Duplikaten innerhalb desselben Kontextes statt. Das in den Akten oder in speziellen Lichtbildmappen vorkommende Bildmaterial wird in Ludwigsburg nur in Kopie vorgehalten, die Abzüge oder Negative werden an das Bildarchiv des Bundesarchivs in Koblenz abgegeben.

Inhaltliche Charakterisierung

Die Unterlagen der Zentralen Stelle geben einen weitgehend vollständigen Überblick über alle seit 1958 in der Bundesrepublik anhängigen Verfahren wegen NS-Verbrechen.

Den Schwerpunkt der Überlieferung bilden rund 7.500 originär von der Zentralen Stelle eingeleitete Vorermittlungsverfahren (Aktenzeichen: AR-Z). Soweit nach Abschluß der Vorermittlungen das Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben wurde, verblieb in der Zentralen Stelle eine Mehrfertigung der Hauptakten, die vielfach durch Handakten und Anlagenbände ergänzt wurde. Nach den Verwaltungsvereinbarungen über Gründung und Tätigkeit der Zentralen Stelle sind die übernehmenden Staatsanwaltschaften gehalten, die Zentrale Stelle über den Fortgang des Verfahrens durch Überlassung von Abschriften (z.B. von Vernehmungsprotokollen, Einstellungsverfügungen, Anklage- und Urteilsschriften) zu unterrichten. Obgleich diese Vorgabe in unterschiedlicher Intensität beachtet wurde, ist damit in Ludwigsburg eine in dieser Konzentration einmalige Sammlung von Unterlagen über Verfahren wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen entstanden.

Darüber hinaus wurden von der Zentralen Stelle ca. 114.000 weitere Vorgänge angelegt (Aktenzeichen: AR), darunter Überprüfungsvorgänge zu den KZ-Nebenlagern und Kriegsgefangenenlagern, übersandtes Material aus unabhängig von der Zentralen Stelle eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, Auskunftsersuchen, Anzeigen und Eingaben aus der Bevölkerung.

Eine Dokumentensammlung enthält über 500.000 Blatt Einzelkopien von strafrechtlich relevantem Schriftgut vorwiegend deutscher staatlicher, parteiamtlicher und militärischer Provenienzen bis 1945, die von Auswertungsgruppen der Zentralen Stelle aus in- und ausländischen Archiven (insbesondere in Polen und der ehem. Sowjetunion) beschafft und verfilmt wurden. Ca. 300 Gutachten, Ausarbeitungen und Darstellungen enthalten Informations- und Kenntnisstände zu historischen und juristischen Detailfragen (z.B. Partisanenbekämpfung, rechtliche Würdigung des sog. Befehlsnotstandes, Grenzen der Erinnerungsfähigkeit bei Zeugenaussagen).

Erschließungszustand

Ein Findbuch ist im Aufbau und beinhaltet bisher vollständig die AR-Z- und AR-Vorgänge der Jahrgänge 1958 bis 1976. Die jeweils aktuelle Version steht als PDF-Dokument im Benutzersaal für die Volltextrecherche zur Verfügung.

Die aus den Unterlagen gewonnenen Informationen sind außerdem in einem von der Zentralen Stelle angelegten komplexen Karteisystem erfasst, das sich in eine Personenkartei (ca. 700.000 Namen), eine Ortskartei (ca. 27.500 Orte und sonstige geographische Begriffe) und eine Einheitenkartei (ca. 4.000 Einheiten und Dienststellen des NS-Staates) gliedert und nur von Archivmitarbeitern eingesehen werden kann.

Die in der Dokumentensammlung vorliegenden Kopien sind weitgehend über detaillierte Verzeichnisse im Umfang von über 8.000 Seiten erschlossen, die im Benutzersaal ebenfalls im PDF-Format bereitgehalten werden.

Zitierweise

BArch B 162/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • B 141 Bundesministerium der Justiz

  • B 305 Zentrale Rechtsschutzstelle

  • DP 3 Generalstaatsanwalt der DDR

  • Fremde Archive

  • Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA 4/106 Justizministerium Baden-Württemberg: Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen

  • Literatur

  • Mitteilungen aus dem Bundesarchiv: Die Außenstelle Ludwigsburg (Themenheft 2008, 16. Jahrgang).- Hans H. Pöschko (Hg.), Die Ermittler von Ludwigsburg. Deutschland und die Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Berlin 2008.- Annette Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst. Die Geschichte der Zentralen Stelle Ludwigsburg 1958-2008, Darmstadt 2008.- Rüdiger Fleiter, Die Ludwigsburger Zentrale Stelle und ihr politisches und gesellschaftliches Umfeld, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53 (2002), S. 32-50.- Marc von Miquel, Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren, Göttingen 2004.- Kerstin Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, Tübingen 2002.- Michael Greve, Der justitielle und rechtspolitische Umgang mit den NS-Gewaltverbrechen in den sechziger Jahren, Frankfurt a.M. 2001.- Adalbert Rückerl, Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen 1945-1978. Eine Dokumentation, Heidelberg/Karlsruhe 1979.

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