Seydlitz-Kurzbach, Walther von (General der Artillerie)

Identifier
N 55
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1914 - 31 Dec 1973
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Nachlässe

133 Aufbewahrungseinheiten

1,1 laufende Meter

Creator(s)

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Walther von Seydlitz-Kurzbach

geb.: 22.8.1888 in Hamburg

gest.: 28.4.1976 in Bremen

Lebenslauf Walther von Seydlitz-Kurzbach

Walther von Seydlitz-Kurzbach wurde am 22. August 1888 in Hamburg als Sohn eines Generalleutnants der Königlich Preußischen Armee geboren. Er stammte aus dem Geschlecht der Herren und Freiherren von Seydlitz, das Anfang des 13. Jahrhunderts erstmals erwähnt wird. Zahlreiche Angehörige der Familie hatten in der preußischen Armee gedient, besonders bekannt ist der Reitergeneral Friedrich Wilhelm von Seydlitz-Kurzbach (1721 - 1773), General der Kavallerie unter König Friedrich dem Großen.

Seydlitz besuchte verschiedene Schulen in den Garnisonsstädten seines Vaters, legte das Abitur ab und trat am 18. September 1908 als Fahnenjunker in das 2./ Feldartillerie Regiment Nr. 36 in Danzig ein. 1910 wurde er zum Leutnant befördert.

Im Ersten Weltkrieg wurde sein Regiment zuerst in Ostpreußen eingesetzt, bevor es 1916/1917 an der Somme und bei Kämpfen an der Siegfriedstellung verwendet wurde. Gegen Ende des Krieges 1918 wurde das Regiment wieder nach Osten in die Nähe von Danzig verlegt.

Nach Gründung der Reichswehr war er 1919 Adjutant der 36. Feldartillerie-Brigade in Danzig, die für den Grenzschutz Ost eingesetzt wurde. Von 1920 bis 1922 war Seydlitz Regimentsadjutant in Schwerin, am 3. Januar 1922 heiratete er seine Frau Ingeborg von Seydlitz-Kurzbach, Tochter des Chirurgen Arthur Barth. Nach Verwendungen als Chef einer Ausbildungsbatterie in Schwerin (1925) und als Adjutant des Chefs des Heeres-Waffenamtes (1929) wurde er 1933 Kommandeur der IV. Abteilung des berittenen Artillerieregiments in Verden/Aller. 1936 wurde er, mit gleichzeitiger Ernennung zum Oberst, Kommandeur des, ebenfalls in Verden, neu aufgestellten Artillerieregiments 22 der 22. Infanteriedivision.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde sein Regiment in der Eifel eingesetzt. Doch schon Ende September 1939 wurde er zum Artilleriekommandeur 102 in Potsdam ernannt. Diese Funktion bekleidete Seydlitz aber nur bis Anfang März 1940, danach wurde er Kommandeur der 12. Infanteriedivision. Im Mai 1940 wurde die Division in Frankreich eingesetzt. Seine Division blieb als Besatzungstruppe in Frankreich, bis sie im Juni 1941 nach Osten verlegt wurde und beim Angriff auf die Sowjetunion im Rahmen der 16. Armee eingesetzt wurde. Im März 1942 wurde er Führer der „Gruppe Seydlitz", die den Auftrag hatte, den Kessel von Demjansk zu öffnen („Unternehmen Brückenschlag"). Ende April gelang der Entsatz und am 1. Juni 1942 folgte seine Ernennung zum kommandierenden General des LI. Armeekorps, verbunden mit der Beförderung zum General der Artillerie. Das LI. Armeekorps war der 6. Armee unterstellt, dessen Oberbefehlshaber General Friedrich Paulus war. Ab September 1942 wurde das Korps beim Kampf um Stalingrad im Schwerpunkt des Angriffs auf die Stadt eingesetzt. Nach der Einschließung der 6. Armee am 22. November 1942 setzte sich Seydlitz nachdrücklich für den Ausbruch aus dem Kessel ein, notfalls auch gegen den Befehl Hitlers. Am 31. Januar 1943 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft.

In Gefangenschaft war Seydlitz maßgeblich an der Gründung des „Bundes Deutscher Offiziere" (BDO) im Gefangenenlager Lunjowo bei Moskau beteiligt („Haus Lunjowo") und wurde dessen Präsident. Zwei Monate nach seiner Gründung schloss sich der BDO dem „Nationalkomitee Freies Deutschland" (NKFD) an. Dies war ein Zusammenschluss kriegsgefangener deutscher Soldaten, Offiziere und deutscher Exilkommunisten in der Sowjetunion, welche sich als Ziel den Kampf gegen den Nationalsozialismus und Hitler gesetzt hatten. Mit Lautsprecheraufrufen, Flugblättern und sogar Rundfunkansprachen rief das NKFD zum Widerstand gegen Hitler und den Krieg auf. Seydlitz plante zeitweilig, eine 40.000 Mann starke Armee aus freiwilligen deutschen Kriegsgefangenen aufzustellen, die die Rote Armee bei ihrem Kampf gegen Nazi-Deutschland unterstützen sollte. Die sowjetische Führung verfolgte diese Überlegungen nicht weiter.

Wegen seines Engagements in Kriegsgefangenschaft wurde er am 3. Juni 1944 in einem Verfahren vor dem Reichskriegsgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Seine Familie wurde in Sippenhaft genommen, die Ehefrau musste sich von ihm scheiden lassen und zwei der insgesamt vier Töchter kamen in ein Heim.

Die veränderte Ausrichtung der sowjetischen Deutschlandpolitik brachte Seydlitz in Konflikt zur Führung in Moskau. Seine Entlassungsgesuche in die SBZ / DDR wurde abschlägig beschieden; stattdessen wurde er am 8. Juli 1950 wegen (vorgeblich) verbrecherischer Handlungen während des Krieges zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde unmittelbar danach in 25 Jahre Zwangsarbeit umgewandelt. Am 16. Oktober 1955 wurde Seydlitz in die Bundesrepublik entlassen und kehrte nach Verden zurück, wo seine Frau und die vier Töchter seit 1933 lebten.

1956 wurde das Todesurteil des Reichskriegsgerichts vom Landgericht Verden aufgehoben und die Zwangsscheidung rückgängig gemacht.

Auch nach der Heimkehr polarisierte Seydlitzs Engagement sehr. Seine Kriegsdienstbeschädigung wurde erst 1965 vollständig anerkannt, seinen angekündigten Einstieg in die Politik unterließ er, weil viele Heimkehrer die Mitgliedschaft im NKFD als Verrat am Vaterland bewerteten. In seinen letzten Jahren fungierte er als Quellengeber und Zeitzeuge für viele Historiker und Buchautoren, aber auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunk http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlich-rechtlicher_Rundfunkanstalten in Deutschland http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland.

Walther von Seydlitz starb am 28. April 1976 im Alter von 88 Jahren in Bremen. Seine Memoiren erschienen, wie von ihm gewünscht, erst nach seinem Tod 1977 im Stalling-Verlag Oldenburg. Am 23. April 1996 wurde das sowjetische Todesurteil vom 8. Juli 1950 von der Generalstaatsanwaltschaft Moskau posthum aufgehoben.

Beförderungen:

    1. 1909 Fähnrich
    1. 1910 Leutnant

1915 Oberleutnant

    1. 1917 Hauptmann
    1. 1930 Major
    1. 1934 Oberstleutnant
    1. 1936 Oberst
    1. 1939 Generalmajor
    1. 1941 Generalleutnant
    1. 1942 General der Artillerie

Auszeichnungen:

    1. 1914 Eisernes Kreuz II. Klasse
    1. 1915 Eisernes Kreuz I. Klasse
    1. 1918 Hanseatenkreuz
    1. 1918 Verwundetenabzeichen II für 3-malige Verwundung
    1. 1918 Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern
    1. 1934 Ehrenkreuz für Frontkämpfer
    1. 1936 Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. bis I. Klasse
    1. 1940 Eisernes Kreuz II. Klasse
    1. 1940 Eisernes Kreuz I. Klasse
    1. 1940 Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
    1. 1941 Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes

Bearbeitungshinweis

2014 hat das Bundesarchiv die Originale verfilmen lassen. Die Originale befinden sich noch nicht im Bundesarchiv.

Inhaltliche Charakterisierung

Aufzeichnungen, Ausarbeitungen und andere Unterlagen über den Krieg gegen die Sowjetunion, aus der sowjetischen Gefangenschaft sowie über die Mitgliedschaft im Nationalkommitee Freies Deutschland (NKFD) und im Bund Deutscher Offiziere (BDO)

Zitierweise

BArch N 55/...

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  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • PERS 6/328 und PERS 6/300629: Personalakten

  • B 205/143: Korrespondenz mit der Wissenschaftlichen Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte

  • Bundesarchiv Koblenz, Akte: B 305/36320

  • Literatur

  • Warth, Julia: Verräter oder Widerstandskämpfer? Wehrmachtsgeneral Walter von Seydlitz-Kurzbach. Oldenbourg Verlag, 2006.

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