Reichsstelle für Lederwirtschaft

Identifier
R 8-VI
Language of Description
German
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

105 Aufbewahrungseinheiten

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Auf der Grundlage des Gesetzes über den Verkehr mit industriellen Rohstoffen und Halbfabrikaten vom 22. März 1934 (RGBl. I 1934, S. 212) und der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. September 1934 wurden für alle wichtigen Fachgebiete der gewerblichen Wirtschaft ca. 30 Überwachungsstellen zur Überwachung des Warenverkehrs auf dem inneren Markt und zur Kontrolle, Lenkung und Verteilung der Rohstoffgütereinfuhr als nachgeordnete Dienststellen des Reichswirtschaftsministeriums (vgl. Bestand R 3101) errichtet. Jede Überwachungsstelle wurde mit ihrer Errichtung juristische Person und unterstand einem vom Reichswirtschaftsminister berufenen und verpflichteten Reichsbeauftragten. Die Reichsbeauftragten waren berechtigt, Anordnungen mit Verordnungscharakter zu erlassen, die im Reichsanzeiger veröffentlicht wurden.

Seit dem 18. Aug. 1939 (RGBl. I 1939, S. 1429 und RAnz. Nr. 192) hießen die bisherigen Überwachungsstellen einheitlich Reichsstellen.

Die Aufgaben der Überwachungs- bzw. Reichsstellen im allgemeinen und die ihnen im Einzelnen zur Wahrnehmung zugewiesenen Angelegenheiten veränderten sich in den elf Jahren ihres Bestehens aus verschiedenen Ursachen wiederholt. So waren die 1942 mit der Einführung des Begriffes Lenkungsbereich verknüpften praktischen Auswirkungen beträchtlich, da von jetzt ab stärker als vorher der Organisation der gewerblichen Wirtschaft (d.h. der Reichsgruppe Industrie, ihren Wirtschaftsgruppen und deren Untergliederungen) sowie den Reichsvereinigungen und Gemeinschaften mehr oder weniger große Aufgaben im Rahmen der wirtschaftlichen Reichsbeauftragungsverwaltung neben oder mit den Reichsstellen, vereinzelt sogar mit der Eigenschaft als Reichsstelle, übertragen wurden. Am durchgreifendsten waren schließlich die Folgen des Übergangs aller kriegswichtigen Produktionsaufgaben vom Reichswirtschaftsministerium auf das Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion im Herbst 1943, denn letzteres baute dafür seine eigene, großenteils neue Organisation so umfassend auf, dass das System der Reichsstellen weitgehend ausgehöhlt wurde.

Die Reichsstelle für Lederwirtschaft wurde am 9. April 1934 durch die Verordnung des Reichswirtschaftsministers über Häute und Felle unter der Bezeichnung Überwachungsstelle für Häute und Felle ins Leben gerufen (RAnz. Nr. 83): "Zur Regelung und Überwachung des Verkehrs mit Fellen und Häuten der Nr. 153 des Deutschen Zolltarifs, insbesondere [...] ihrer Beschaffung, Verteilung, Lagerung, ihres Absatzes und ihres Verbrauchs" wurde die Überwachungsstelle ermächtigt, "für die Verarbeitung der in Abs. 1 genannten Waren Höchstmengen" festzusetzen sowie "Bestimmungen über die Höhe der Vorräte" zu erlassen; die Einfuhr wurde durch Devisenzuteilungen kontrolliert. Zum Leiter der Überwachungsstelle und Reichsbeauftragten wurde Legationsrat Steinbeck bestellt. Sitz der Behörde war Berlin, anfangs in der Potsdamer Straße, seit 1943 in Berlin-Charlottenburg, Knesebeckstr. 78-79.

Mit der Verordnung über die Errichtung von Überwachungsstellen vom 4. Sept. 1934 (RAnz. Nr. 209) wurde die Überwachungsstelle für Häute und Felle umbenannt in Überwachungsstelle für Lederwirtschaft. Im Juli 1938 übernahmen der Legationsrat von der Decken als Reichsbeauftragter und sein Stellvertreter Dr. Steitz die Leitung der Überwachungsstelle.

Laut dem in R 2/21558 überlieferten Geschäftsverteilungsplan verfügte die Überwachungsstelle Ende 1938 im Wesentlichen über zwei Hauptabteilungen: Die Hauptabteilung I für die devisenwirtschaftlichen Aufgaben mit den vier Abteilungen I S (Transit- und Nebenkostenanträge, Sonderaufgaben), A (Einfuhr von Fellen, Häuten, Gerbstoffe), B (Einfuhr von Leder, Waren aus Leder) und C (Devisen, Statistik und Buchführung), sowie die Hauptabteilung II für Mengenbewirtschaftung mit den beiden Abteilungen F (Felle und Häute) und L (Leder und Waren aus Leder).

Durch die Bekanntmachung über die Reichsstellen zur Überwachung und Regelung des Warenverkehrs vom 18. Aug. 1939 (RAnz. Nr. 192) wurde die Überwachungsstelle für Lederwirtschaft in Reichsstelle für Lederwirtschaft umbenannt, ohne dass sich ihre Zuständigkeit geändert hätte.

Lenkungsbereiche als fachlich abgegrenzte Zuständigkeitsbereiche der Reichsstellen sowie Bewirtschaftungsstellen als Ausführungsorgane der Reichsstellen wurden durch den Erlass des Reichswirtschaftsministers zur Neuordnung der Bewirschaftung vom 25. Nov. 1942 (RWMBl. 1942, S. 636) sowie endgültig durch die Verordnung über den Warenverkehr in der Fassung vom 11. Dez. 1942 (RGBl. I 1942, S. 686 ff) eingeführt.

Einen weit schwereren Eingriff in die Kompetenzen der Reichsstelle für Lederwirtschaft bedeutete die Gründung der Gemeinschaft Schuhe durch die Anordnung über die Errichtung der Gemeinschaft Schuhe vom 15. Okt. 1942 (RAnz. Nr. 244). Die gesamte Zuständigkeit auf dem Gebiet der Schuhwirtschaft, d.h. Rohstoffbeschaffung, Planung, Produktionsüberwachung und Verteilung, ging damit von der Reichsstelle für Lederwirtschaft auf die neue Gemeinschaft Schuhe (vgl. Bestand R 10 VI) über.

Ab Frühjahr 1943 bis Kriegsende bekleidete Dr. Mohr das Amt als Leiter der Reichsstelle für Lederwirtschaft.

Nach Errichtung des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion (Erlass des Führers über die Konzentration der Kriegswirtschaft vom 2. Sept. 1943 (RGBl. I 1943, S. 529)) und der damit verbundenen neuen gesamtwirtschaftlichen Aufgabenverteilung wurden auch im Bereich der Lederwirtschaft die Zuständigkeiten immer komplizierter. Durch das Schreiben des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion vom 7. Jan. 1944 (in R 3/174) wurde auch im Bereich der Lederwirtschaft die Errichtung eines Produktionshauptausschusses angeordnet und gleichzeitig die Reichsstelle für Lederwirtschaft von der Planung der Belegung und der Durchführung der Erzeugungslenkung auf dem Gebiet der Ledererzeugung und Lederverarbeitung (außer Schuhherstellung) einschließlich der Durchführung der Auftragsverlegung in die besetzten Gebiete entbunden. Weiterhin verfügt das Scheiben den Übergang des Weisungsrechts des Reichsbeauftragten für Lederwirtschaft an die Bewirtschaftungsstellen auf dem Gebiet der Erzeugungslenkung auf den Produktionshauptausschuss und damit auf die Wirtschaftsgruppe.

Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches war die Tätigkeit der Reichsstelle für Lederwirtschaft beendet, die Behörde wurde abgewickelt.

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Die Reichsstelle für Lederwirtschaft (bis Aug. 1939 Überwachungsstelle für Lederwirtschaft) wurde 1934 als nachgeordnete Behörde des Reichswirtschaftsministeriums gegründet und war für die Regelung und Kontrolle der Beschaffung von Fellen und Häuten (etwa durch Devisenzuteilungen für die Wareneinfuhr), deren Verteilung, Lagerung, Absatz und Verbrauch zuständig.

Bestandsgeschichte

Die Akten aller Reichsstellen erlitten bereits seit Kriegsbeginn, vor allem aber nach dem Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 31. Mai 1941 (Möglichkeit der totalen Aktenvernichtung nach Ablauf von fünf Jahren) durch umfangreiche Kassation zur Papiergewinnung erhebliche Verluste. Hier stellt die Überlieferung der Reichsstelle für Lederwirtschaft keine Ausnahme dar.

Nach 1945 gelangten die verbliebenen Akten zusammen mit den Registraturen anderer Reichsbehörden und Organisationen der gewerblichen Wirtschaft in das Ministerial Collecting Center (MCC) in Fürstenhagen bei Kassel. Nach Aussonderung der für die Alliierten interessanten Unterlagen wurde das verbliebene Schriftgut an das Verwaltungsamt für Wirtschaft in Minden, später an die Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt/Main abgegeben. Von dort gelangten die Akten 1951 zum Bundesministerium für Wirtschaft, das sie nach einer Vorsichtung 1952 dem Bundesarchiv in Koblenz zuleitete (Archivsignaturen Nr. 1-86).

Nach der 1968 erfolgten Erstverzeichnung wurden dem Bestand noch Unterlagen zur Abwicklung der Reichsstelle hinzugefügt (Nr. 88-105).

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Bei der Ordnung des Bestandes in Koblenz 1968 waren kaum einheitliche Betreffe oder chronologische Ablagen noch Registraturzusammenhänge zu erkennen. Da kein Aktenplan der Reichsstelle für Lederwirtschaft vorhanden ist und sich ein solcher auch nicht aus den geringen Schriftgutsplittern erschließen ließ, wurden die Akten im Koblenzer Bundesarchiv nach Betreffen neu geordnet und klassifiziert. Kassiert wurden vor allem zahlreich vorhandene Doppelstücke sowie Formblätter (letzteres bis auf einen Beispielband: R 8 VI/44).

Bei der Übernahme der Erschließungsinformationen in das elektronische Datenbanksystem des Bundesarchivs (Basys) im Jahr 2015 wurde die Klassifikation modifiziert, die nachträglich dem Bestand zugeordneten Akten zur Abwicklung der Behörde integriert und Anpassungen in der Titelbildung vorgenommen.

Bestandsbeschreibung

Überliefert sind vor allem zwei Bereiche aus der Tätigkeit der Reichsstelle: Einerseits Bewirtschaftungsmaßnahmen im weitesten Sinne, wozu auch Bedarfsermittlung, Erzeugungsplanung und Rohstoffverteilung zählen, andererseits Statistische Erhebungen und Zahlen zur Branche. Daneben finden sich noch einige Bände mit Wochenberichten, Rundschreiben und sonstigen Anweisungen der Reichsstelle, Erlasse des Reichswirtschaftsministeriums, Firmenangelegenheiten und Abwicklungsunterlagen.

Insgesamt ist die Aussagekraft der Unterlagen aufgrund ihres fragmentarischen Charakters und des Fehlens grundsätzlicher Vorgänge beschränkt. Von besonderem Interesse dürften lediglich einige Bände zu Leder-Austauschstoffen sein.

Erschliessungszustand

Findbuch (2015)

Zitierweise

BArch R 8-VI/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • R 10 VI Gemeinschaft Schuhe

  • Amtliche Druckschriften

  • Anordnungen des Reichsbeauftragten erschienen im Reichsanzeiger und im Ministerialblatt des Reichswirtschaftsministeriums sowie als Publikation der Reichsstelle.

  • Literatur

  • Barthel, Johannes: Die Tätigkeit und Wirkung der Überwachungsstellen, Berlin 1939.

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