Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler)
Extent and Medium
Schriftgut
19 Aufbewahrungseinheiten
Creator(s)
- Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler), 1939-1945
- Vereinigung der Elektrizitätswerke e.V. Berlin, 1933-1945
Biographical History
Geschichte des Bestandsbildners
Laufzeit muß geprüft werden
Auf der Grundlage der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. September 1934 wurden für alle wichtigen Fachgebiete der gewerblichen Wirtschaft ca. 30 Überwachungsstellen zur Überwachung des Warenverkehrs auf dem inneren Markt und zur Kontrolle, Lenkung und Verteilung der Rohstoffgütereinfuhr als nachgeordnete Dienststellen des Reichswirtschaftsministeriums (vgl. Bestand R 3101) errichtet. Jede Überwachungsstelle wurde mit ihrer Errichtung juristische Person und unterstand einem vom Reichswirtschaftsminister berufenen und verpflichteten Reichsbeauftragten. Die Reichsbeauftragten waren berechtigt, Anordnungen mit Verordnungscharakter zu erlassen, die im Reichsanzeiger veröffentlicht wurden. Seit dem 18. Aug. 1939 (RGBl. I, S. 1429 und RAnz. Nr. 192) hießen die bisherigen Überwachungsstellen einheitlich Reichsstellen.
Die Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler) wurde mit der vom Reichswirtschaftsminister und Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft, Walter Funk, erlassenen Verordnung zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung vom 3. Sept. 1939 (RGBl. I, S. 1607f) gebildet. Ihre Aufgabe war die Aufrechterhaltung der Energieversorgung im Krieg für die wichtigen industriellen Verbraucher. Dazu wurde sie ermächtigt, die Elektrizitätsversorgung nach dem Grad der Dinglichkeit zu regeln und Verbraucher vom Strombezug auszuschließen oder ihre Stromabnahme zu beschränken. Außerdem konnte die Behörde „auch direkt in die Betriebsführung der Kraftwerke eingreifen, Fahrpläne der Werke festlegen sowie Kooperationen und Aushilfslieferungen anordnen." Durch die 1. Durchführungsverordnung zur Verordnung zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung vom 30. Nov. 1942 (RGBl. I, S. 681f) „wurde der Reichslastverteiler von der Bindung an den Staatshaushalt gelöst, was weitere Flexibilisierung in seiner Geschäftsführung ermöglichte." (Stier, Staat und Strom, S. 478)
Leiter der Behörde und damit Reichslastverteiler wurde Dr. Richard Fischer, der bereits Vorstandsvorsitzender der Berliner Licht- und Kraft-AG (BEWAG), Vorstandsmitglied der Ostpreußenwerk AG, stellvertretender Leiter der Reichsgruppe Energiewirtschaft und kommissarischer Leiter der Energieabteilung des Reichswirtschaftsministeriums war. Er richtete sechs verschiedene Referate ein, deren Tätigkeitsbereiche die Aufgaben der Reichsstelle wiedergeben: Regelung der Lastverteilung (Ref. 1), Regelung der Kohlenzuteilung (Ref. 2), Regelung des Arbeitseinsatzes und der Freistellung von Kraftfahrzeugen und Betriebsstoffen (Ref. 3), Fortführung wichtiger Bauvorhaben (Ref. 4), Nachrichten- und Messwesen (Ref. 5) sowie Personal, Haushalt und Rechtsfragen (Ref. 6). Außerdem ernannte er als mittlere Ebene Bezirkslastverteiler in den Bezirkswirtschaftsämtern und auf lokaler Ebene Ortslastverteiler aus den Industrie- und Handelskammern.
Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit mit Energie und zur Durchsetzung von Rationalisierung und Zentralisierung in der Energiewirtschaft wurde durch Erlass des Führers und Reichskanzlers vom 29. Juli 1941 das Amt eines Generalinspektors für Wasser und Energie (GIWE) geschaffen (RGBl. I, S. 467f) und Fritz Todt damit beauftragt, der bereits als Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen und Reichsminister für Bewaffnung und Munition fungierte. Der Energieinspektor erhielt Stellung und Befugnisse eines Reichsministers und umfassende Zuständigkeiten im Energiesektor einschließlich der staatlichen Energieaufsicht sowie bei Wasserwirtschaft und -straßen. Auch die Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler) wurde aus dem Geschäftsbereich des Reichswirtschaftsministeriums herausgelöst und dem neuen Generalinspektor für Wasser und Energie untergeordnet.
Aber weder Fritz Todt noch seinem Nachfolger Albert Speer gelang eine radikale Umstrukturierung und Zentralisierung der Energieerzeugung. Der immer spürbarer werdende Mangel an Elektrizität führte ab dem Winter 1941/1942 zu Kürzungen im Spitzenbedarf, und die fehlende Kraftwerksleistung wurde in Folge des durch die massiven Rüstungsanstrengungen nach dem Scheitern der Blitzkriegsstrategie gestiegenen Energiebedarfs immer problematischer. Im Winter 1942/43 betrugen die Stromabschaltungen in der Bedarfsspitze 4%, im Januar 1944 dann knapp 8% und ein Jahr später aufgrund der im Luftkrieg zerstörten Kraftwerke und Leitungen gut 29% (s. Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945, Bd. 2, S. 391).
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Die Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler) war eine in den ersten Kriegstagen vom Reichswirtschaftsministerium geschaffene Behörde zur Sicherstellung und Priorisierung der Dringlichkeit der Elektrizitätsversorgung.
Bestandsgeschichte
Die Akten aller Reichsstellen waren bis Mitte 1941 wohl noch vollständig vorhanden. Erst der Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 31.05.1941 ließ bei den Reichsstellen eine totale Aktenvernichtung nach fünf Jahren zur Papiergewinnung zu. Davon wurde offensichtlich alsbald und fortlaufend in weitestem Umfang Gebrauch gemacht, da sich Vorgänge aus den Anfangsjahren kaum erhalten haben. In den Unterlagen der Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft ist immerhin eine Akte von 1939 mit dem Errichtungserlass und ersten Dienstanweisungen sowie eine Versorgungskarte von 1937 überliefert.
Ins Bundesarchiv nach Koblenz gelangten die Unterlagen des Reichslastverteilers im Wesentlichen als Rückgaben aus amerikanischer Hand. Nur einige wenige Akten wurden dem Bundesarchiv vom britischen Imperial War Museum Anfang der 1960er Jahre übergeben.
Archivische Bearbeitung
Die jetzt im Bestand R 8 IV zusammengefassten Akten wurden in Koblenz 1956/57 erstmals in einer Findkartei erschlossen und 1962 zu einem vorläufigen Archivverzeichnis zusammengestellt. 1965 wurden Signaturen nochmals umgestellt, um aus dem Imperial War Museum erhaltene Akten ohne größere Änderung in den Bestand einfügen zu können (jetzt die Signaturen Nr. 9-13).
Eine elektronische Verzeichnung in der Datenbank Basys des Bundesarchivs erfolgte 2014/2015. Dabei wurden auch eine Klassifikation und eine Findbucheinleitung erarbeitet.
Bestandsbeschreibung
Von den Unterlagen der Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft (Reichslastverteiler) haben sich nur wenige Akten erhalten, die lediglich einen kleinen Teil der Tätigkeit der Behörde dokumentieren.
Zur Errichtung der Dienststelle liegen genau zwei Akten vor mit Geschäftsverteilungsplan, Dienstanweisungen für die Bezirkslastverteiler und einer Deutschlandkarte mit Versorgungswegen. Daneben haben sich einige wenige Leistungsbilanzen und Monats- oder Quartalsberichte mit statistischem Material erhalten, die durch vereinzelte Exemplare in anderen Beständen (R 4604/13, R 3101/31137) ergänzt werden können.
Von der Tätigkeit der Reichsstelle ist vor allem eine ganze Reihe von Erlassen und Anordnungen zur Einschränkung des Stromverbrauchs überliefert. Die wichtigsten Dokumente dabei bilden Abschaltlisten, die für jeden Energiebezirk definierten, welche Unternehmen ihren Stromverbrauch bei verschiedenen Dringlichkeitsstufen um welchen Anteil zu drosseln hatten. Diese Prioritätensetzung bei der Verteilung der knappen Elektrizität gehörte zum Kernbereich der Aufgaben der Reichsstelle für die Elektrizitätswirtschaft, auch nachdem ansonsten der Generalinspektor für Wasser und Energie zur bestimmenden Figur bei der Energieversorgung im Krieg geworden war.
Als weitere Aufgabe wird der Luftschutz für Energieversorgungsanlagen und die Bevorratung mit Ersatzteilen und Materialien der Elektrizitätswirtschaft deutlich.
Überlieferung
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Einrichtung, Aufgaben, Wirkungskreis (2)
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Tätigkeitsberichte und Statistiken (6)
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Maßnahmen zur Sicherung der Stromversorgung und zur Verbrauchseinschränkung (11)
Erschliessungszustand
Findbuch (2014)
Zitierweise
BArch R 8-IV/...