Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe
Extent and Medium
Schriftgut
192 Aufbewahrungseinheiten
11,1 laufende Meter
Creator(s)
- Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, 1934-1945
Biographical History
Geschichte des Bestandsbildners
Die Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe entstand 1934 im Zuge der nationalsozialistischen Umgestaltung der Wirtschaft als eine von 6 Wirtschaftsgruppen innerhalb der Reichsgruppe Banken. In ihr ging der 1901 unter maßgeblichem Einfluss von Jakob Rießer als Standesorganisation des privaten Bankgewerbes gegründete Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes auf. Er hatte über Jahrzehnte hinweg die Interessen der großen Aktienbanken und kleinerer und mittlerer Privatbanken vertreten und zählte im Frühjahr 1934 rund 750 Mitglieder.
Die rechtliche Grundlage für die nationalsozialistische Umgestaltung des gesamten bisherigen freien Verbandswesens, die auch das Bankgewerbe ergriff und zur Auflösung des Centralverbands führte, schuf das "Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft" vom 27. Feb. 1934 (RGBl. I 1934 S. 185f). § 1 des Gesetzes ermächtigte den Reichswirtschaftsminister,
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Wirtschaftsverbände als alleinige Vertreter ihres Wirtschaftszweiges anzuerkennen,
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Wirtschaftsverbände zu errichten, aufzulösen oder miteinander zu vereinigen,
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Satzungen und Gesellschaftsverträge von Wirtschaftsverbänden zu ändern und zu ergänzen, insbesondere den Führergrundsatz einzuführen,
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die Führer von Wirtschaftsverbänden zu bestellen und abzuberufen und
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Unternehmer und Unternehmungen an Wirtschaftsverbände anzuschließen.
Die am 27. Nov. 1934 vom Reichswirtschaftsminister erlassene Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom Feb. 1934 (RGBl. I 1934 S. 1194) bildete die eigentliche Grundlage für die Gliederung der Wirtschaft. Die bis zu diesem Zeitpunkt auf freiwilliger Basis existierenden Wirtschaftsverbände wurden in eine fachliche und bezirkliche Gliederung überführt und erhielten die Stellung von rechtsfähigen Vereinen. Die neue Organisation sollte den gesamten Fachbereich umfassen, daher wurde der in den früheren Verbänden bestehende Grundsatz der Freiwilligkeit beseitigt und alle Unternehmungen (natürliche und juristische Personen) unabhängig von der Größe des Unternehmens als Pflichtmitglied derjenigen Wirtschaftsgruppe zugewiesen, in deren Rahmen das Schwergewicht ihrer fachlichen Betätigung lag.
Die am 13. März 1934 bekanntgegebene Organisationsstruktur sah die Gliederung der Wirtschaft in zwölf (später 13) Hauptgruppen vor. Neben 7 industriellen Hauptgruppen waren als Hauptgruppen VIII bis XII vorgesehen: VIII Handwerk, IX Handel, X Banken, XI Versicherungen XII Verkehrswesen und XIII Energiewirtschaft (kam später hinzu). Die zunächst noch bestehenden 7 industriellen Hauptgruppen wurden 1935 in einer einheitlichen Reichsgruppe Industrie zusammengefasst, aus den Hauptgruppen Handel, Handwerk, Banken, Versicherungen und Energiewirtschaft wurden ebenfalls Reichsgruppen. Als fachliche Gliederung entstanden Wirtschaftsgruppen (entsprechend den jeweiligen Industriezweigen), die wiederum in Fachgruppen und Fachuntergruppen unterteilt waren, deren Anzahl entsprechend der Spezialisierung der einzelnen Industriezweige variierte.
Die Aufgaben der Wirtschaftsgruppen wurden in § 16 der Verordnung vom 27. Nov. 1934 nur allgemein mit Beratung der Mitglieder und Verwaltungsarbeit umschrieben. Der Erlass des RWM über die Reform der Organisation der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Juli 1936 präzisiert die Hauptaufgaben der Gruppen folgendermaßen, "ohne dass die Aufzählung erschöpfend sein, die Gruppen in ihrer Arbeit beschränken oder die Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern berühren soll:"
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Technische Unterrichtung und Aufklärung der Mitglieder, Unterrichtung über Einführung neuer technischer Verfahren, über neue Werkstoffe und über die technischen Fortschritte auf Nachbargebieten.
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Wirtschaftliche Unterrichtung der Mitglieder über die wesentlichen wirtschaftlichen Fragen ihres Fachzweigs (Marktlage der Vorprodukte und der wichtigsten Rohstoffe für ihre Erzeugnisse).
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Betreuung der Mitglieder mit dem Ziel der Verbesserung der Arbeitsweise und der Betriebsführung zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit (betriebswirtschaftliche Förderung der Mitglieder, Kalkulationswesen).
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Betreuung in Kartellfragen, jedoch mit der Maßgabe, dass die Organisation der gewerblichen Wirtschaft bis zum Erlass anderweitiger Anordnungen marktregelnde Maßnahmen nicht durchführen darf.
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Behandlung steuerpolitischer Fachfragen.
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Behandlung von Verkehrstariffragen von mehr als örtlicher Bedeutung.
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Behandlung von handelspolitischen und Devisenfragen.
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Förderung von Forschungs- und Schulungsinstituten, deren Arbeit dem betreffenden Fachzweig zugute kommt.
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Behandlung wehrwirtschaftlicher und Luftschutzfragen.
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Erstattung von Gutachten über Angelegenheiten des Fachzweiges.
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Betreuung in allen sonstigen wirtschaftsrechtlichen und sozialwirtschaftlichen Fragen des Fachgebiets.
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Mitwirkung bei Ausbildung des Nachwuchses.
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Mitwirkung im Ausstellungs- und Messewesen.
Innerhalb der Reichsgruppe Banken wurden neben der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe, die den alten Namen Centralverband des deutschen Bank- und Bankiergewerbes zunächst noch als Zusatz weiterführen durfte, noch 5 weitere Wirtschaftsgruppen gebildet: die Wirtschaftsgruppe Öffentiche Banken mit Sonderaufgaben (also die Bau- und Bodenbank, die Luftfahrtbank etc.), die Wirtschaftsgruppe Öffentlich-rechtliche Kreditanstalten (die Girozentralen), die Wirtschaftsgruppe Sparkassen, die Wirtschaftsgruppe Kreditgenossenschaften und die Wirtschaftsgruppe Kreditunternehmungen verschiedener Art (darunter Bausparkassen, die Ratenzahlungsunternehmen und die Leihhäuser).
Mit Verordnung vom 6. März 1935 wurde der Centralverband endgültig in die Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe überführt. Ihre Hauptaufgaben waren die allgemeine Regelung für die Geschäftstätigkeit der Mitglieder und die Information der Mitglieder über Gesetze, Verordnungen und Anweisungen. Außerdem wirkte die Wirtschaftsgruppe aktiv mit bei der Vertreibung von Juden aus den Unternehmen und bei der Enteignung jüdischer Bankkonten.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hörten die Wirtschaftsgruppen faktisch auf zu existieren. Am 11. Aug. 1945 wurde Dr. Johann Baptist Gradl zum Verwalter der Reichsgruppe Banken und deren Wirtschaftsgruppen ernannt. 1951 wurde der Bundesverband deutscher Banken in Köln als Nachfolgerorganisation gegründet. Die rechtliche Liquidierung der Wirtschaftsgruppen erfolgte allerdings erst am 20. Jan. 1956 mit dem Berliner "Gesetz über die Auflösung der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft " (GVBl. 1956 S.87).
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Die Überlieferung der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe und ihres Vorgängers, des Centralverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes, liegt im Bundesarchiv nur bruchstückhaft vor. Dabei erfuhr sie im Jahr 2015 eine erhebliche Erweiterung. Bis dahin bestand sie lediglich aus Rundschreiben der Wirtschaftsgruppe sowie einigen Schriftwechseln zu jüdischem Vermögen. Doch im Januar 2015 bot der Bundesverband deutscher Banken als Nachfolger des Centralverbands dem Bundesarchiv eine ganze Reihe historischer Unterlagen zur Übernahme an. Diese wurden dem Bestand R 13 XVIII Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe hinzugeschlagen und im Wesentlichen noch im gleichen Jahr archivfachlich bearbeitet und erschlossen.
In den Zuständigkeitsbereich der Bibliothek des Bundesarchivs wurden, soweit diese noch nicht vorhanden waren, insgesamt 12,7 lfm Rundschreiben des Centralverbands (gebunden in chronologischen Bänden einschließlich Register) und ca. 1,5 lfm der Zeitschrift „Bank-Archiv“ aus der Zeit 1913-1943 übernommen.
Bestandsbeschreibung
Der Archivbestand umfasst neben einigen wenigen sachlich geordneten Rundschreiben der Wirtschaftsgruppe und zwei Schriftwechselakten zur Verwaltung und Verwertung verfallenen und beschlagnahmten jüdischem Vermögens im Wesentlichen die 2015 vom Bankenverband übergebenen Unterlagen.
Es handelt sich hierbei um ca. 5,3 lfm Korrespondenz mit Mitgliederfirmen, die liquidiert wurden (gelbe Serie), sowie um ca. 3,2 lfm Korrespondenz mit sonstigen Mitgliedern (weiße Reihe). Die Reihen sind alphabetisch nach den Firmennamen sortiert. In Einzelfällen erstrecken sich die Schriftwechsel auch auf die Nachkriegszeit. Die im Bundesarchiv vorgenommene Erschließung weist in den Enthältvermerken alle betroffenen Bankfirmen und -gesellschaften namentlich aus und legte ein besonderes Augenmerk auf den Umgang mit jüdischen Unternehmen, sofern dies erkennbar war.
Außerdem wurde die ca. 2 lfm umfassende Mitgliederkartei des Centralverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes (Karten der Größe DIN A 5) übernommen.
Erschliessungszustand
Online-Findbuch (2015)
Zitierweise
BArch R 13-XVIII/...