Paul, Elfriede und Küchenmeister, Walter
Web Source
Extent and Medium
Nachlässe
54 Aufbewahrungseinheiten
1,2 laufende Meter
Creator(s)
- Paul, Elfriede und Küchenmeister, Walter, 1900-1981
Scope and Content
Geschichte des Bestandsbildners
Küchenmeister, Walter (1897-1943)
Bestandsbeschreibung
Elfriede Paul
- Jan. 1900 in Köln geboren
1919-1921 Mitglied in der Freideutschen und in der Monistischen Jugend, der KPD und der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH)
1918-1924 Ausbildung zur Lehrerin am Kloster St. Johannis in Hamburg, Lehrerin an der Mädchen-, Berufs- und Handelsschule in Hamburg-Harburg
1924-1925 Wanderschaft durch Nord- und Mitteldeutschland zur Vervollkommnung sozialpädagogischer Erfahrungen
1925-1928 Leiterin des Städtischen Kinderheimes am Großen Dahlem bei Hamburg, Besuch von Lehrveranstaltungen an der Medizinischen Fakultät der Hamburger Universität
1929-1933 Medizinstudium in Berlin, Hamburg und Wien, Ablegung des Staatsexamens an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin
1934 Approbation als Arzt
1934-1939 Säuglings- und Sozialfürsorgeärztin in Berlin-Mitte
1936-1942 Promotion zum Thema "Die Beeinflussung der Menstruation durch das Landjahr", Niederlassung als Ärztin in eigener Praxis in Berlin-Wilmersdorf, Sächsische Straße 63a
1936 Bekanntschaft mit ihrem späteren Lebensgefährten Walter Küchenmeister, Mitarbeit in der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack
1938-1939 Auslandsreisen nach Paris und London zur Vorbereitung der Emigration von verfolgten Juden, in der Schweiz Bekanntschaft mit Wolfgang Langhoff
- Sept. 1942-März 1943 Verhaftung mit Walter und Rainer Küchenmeister als Angehörige der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack, Inhaftierung im Polizeipräsdium Berlin-Alexanderplatz
Febr 1943 Prozess vor dem Reichskriegsgericht, Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu sechs Jahren Zuchthaus
-
März 1943-16. Juli 1943 Gerichtsgefängnis Berlin-Charlottenburg
-
Juli 1943-11. Febr. 1945 Frauenzuchthaus Cottbus
-
Febr.-10. Mai 1945 Evakuierung infolge des Herannahens der Roten Armee auf Cottbus in das Zuchthaus Klein-Meusdorf bei Leipzig bis zur Befreiung durch die Amerikaner
Aug. 1945 Eröffnung der Arztpraxis, Leitung der Frauenarbeit und Unterstützung der Neuorganisierung des DRK in Burgdorf, Mitglied der KPD-Landesleitung und der Entnazifizierungskommission in Hannover
Aug.-Nov. 1946 Ernennung zur Ministerin für Aufbau, Arbeit und Wohlfahrt in der Landesregierung Hannover, Mitglied des Niedersächsischen Landtages (Fraktion der KPD), Beendigung der Tätigkeit als Ministerin durch Auflösung der Regierungen in Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe und Bildung des Landes Niedersachsen
Mai 1947 Übersiedlung nach Berlin, Mitglied der SED
1947-1949 Abteilungsleiterin in der Zentralverwaltung für Gesundheitswesen, dann DWK, Hauptverwaltung Gesundheitswesen
1949-Anfang 1951 Leiterin der Medizinischen Abteilung der Versicherungsanstalt Berlin
1951-1955 Wissenschaftliche Aspirantin am Institut für Hygiene sowie Abschluss des Habilitationsverfahrens an der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Leiterin der Arbeitssanitätsinspektion der Abteilung Gesundheitswesen des Magistrats
1956-1964 Dozentin für Sozialhygiene und Direktorin des Instituts für Sozialhygiene an der Medizinischen Akademie Magdeburg
Sommer 1964 Emeritierung und Umzug nach Ahrenshoop/Darß
1965-1975 Abgeordnete in der Gemeindevertretung von Ahrenshoop/Darß, verantwortlich für Kultur, Volksbildung, Jugendfragen, Sozial- und Wohnungswesen; Sekretär der SED-Ortsgruppe und Mitglied der SED-Kreisleitung Ribnitz-Damgarten
1975-1981 Arbeit an den Lebenserinnerungen zum Buch "Ein Sprechzimmer der Roten Kapelle", das im März 1981 im Militärverlag der DDR erschien
Okt. 1979 Ernennung zum Ehrensenator der Medizinischen Akademie Magdeburg
- Aug. 1981 in Ahrenshoop verstorben
Walter Küchenmeister
- Jan. 1897 in Waldheim/Sachsen geboren
1912 Lehre als Eisendreher in Ahlen
1916-1918 Matrose bei der kaiserlichen Kriegsmarine, 1918 Teilnehmer am Kieler Matrosenaufstand und Mitglied des Matrosenrates auf der "Prinz-Regent Luitpold"
Nov. 1918 Mitglied SPD
1920 Mitglied KPD
bis 1921 Tätigkeit als Eisendreher
1921 Leiter der KPD-Ortsgruppe in Ahlen, Redakteur bei der "Westfälischen Arbeiterzeitung", der "Roten Fahne Westfalens" und beim "Ruhrecho"
-
Jan. 1926 Heirat mit Anna Auguste Lasnowski (1. Okt. 1903-24. Mai 1944 bei Bombenangriff auf Berlin),
-
Okt. 1926 Geburt des Sohnes Rainer (gest. 2010)
-
Jan. 1928 Geburt des Sohnes Anselm
1929-1930 Übersiedlung der Familie Küchenmeister nach Berlin
- Sept. 1930 Geburt des Sohnes Claus
1934-1935 Inhaftierung für neun Monate im Konzentrationslager Sonnenburg, 1935 Mitarbeiter der Zeitschrift "Wille zum Reich"
1936 Scheidung von Anna Küchenmeister, Bekanntschaft mit der späteren Lebensgefährtin Elfriede Paul
1937-1938 Herstellung von Flugschriften, ("Der Stoßtrupp") innerhalb der Gruppe um Schulze-Boysen, initiert Spendensammlungen für politische Gefangene und führt politische Schulungen unter Studenten der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst durch
1938/1939 Erkrankung an offener Lungentuberkulose
1938-1940 Wissenschaftliche Untersuchungen zur gesellschaftlichen Entwicklung, u. a. über "Das Ende des Kapitalismus", "Wesen und Funktion des Krieges und der Krisen in der bürgerlichen Gesellschaft", "Faschismus als Erscheinungsform des staatsmonopolistischen Kapitalismus" und zur "Tendenz und Aufgabe des sozialistischen Realismus"
1939-1940 Kuraufenthalt in Leysin/Schweiz und Kontakte zu Vertretern der KPD-Abschnittsleitung, illegale Arbeit im Kreis der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack
1940-1943 Schriftstellerische Tätigkeit, v. a. Kurzgeschichten, politische und Naturgedichte
-
Sept. 1942 zusammen mit Elfriede Paul und seinem Sohn Rainer als Angehöriger der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack von der Gestapo verhaftet und in das Berliner Polizeipräsidium am Alexanderplatz gebracht
-
Okt. 1942 Überführung in das Strafgefängnis Berlin-Spandau
5./6. Febr. 1943 Prozess vor dem Reichskriegsgericht/2. Senat Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Verurteilung zur Todesstrafe
-
Feb. 1943 Überführung in das Strafgefängnis Berlin-Plötzensee
-
Mai 1943 Hinrichtung durch das Fallbeil in Berlin-Plötzensee
Inhaltliche Charakterisierung
Der Nachlass von Elfriede Paul gelangte in mehreren Etappen in die Stiftung. Bereits 1969 und 1980 übergab E. Paul Unterlagen an das Zentrale Parteiarchiv der SED. Nach ihrem Tod wurden diese durch Übergaben des Nachlassverwalters und aus dem Bezirksparteiarchiv der SED Rostock ergänzt. Weitere Dokumente wurden in den Jahren 1996-2001 von der Familie Küchenmeister hinterlegt.
Der Nachlass gibt einen Einblick in das private Leben, die berufliche und politische Tätigkeit von Elfriede Paul sowie in das literarische Schaffen von Walter Küchenmeister.
Die biografischen Materialien, darunter Zeugnisse, Praktikumsbescheinigungen sowie Dokumente zur Aufnahme und Beendigung von Arbeitsrechtsverhältnissen, belegen umfassend den beruflichen Werdegang von Elfriede Paul. Die persönlichen Notizen enthalten vor allem Informationen über die gesellschaftlichen Aktivitäten nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Im Vordergrund steht dabei die Arbeit der DFD-Gruppe des Wohnortes Ahrenshoop, die Realisierung von Publikationsvorhaben und der Einsatz als Referentin. In den Aufzeichnungen findet man auch Erinnerungen an Freunde und an ihren Lebensgefährten Walter Küchenmeister. Erwähnenswert ist ein kleines Kalenderbüchlein, das sie vor allem während ihrer Haft in den Jahren 1942-1945 geführt hat. Es enthält eigene Gedichte, aber auch Aufzeichnungen zu medizinischen Problemen sowie Gedanken über den Haftalltag und die Situation von Mitgefangenen.
Die überlieferten Ausarbeitungen und wissenschaftlichen Untersuchungen von Elfriede Paul befassen sich mit der Beziehung von Organismus und Umwelt, den Einflüssen sozialer Faktoren auf die Gesundheit der Menschen, mit Problemen der Sozialhygiene, dem Aufbau des Betriebsgesundheitswesens, der Gestaltung optimaler Arbeitsbedingungen in der Industrie und Landwirtschaft sowie mit Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Leistungsfähigkeit berufstätiger Frauen. Die Materialien geben auch Aufschluss über die Ehe- und Sexualberatung für Jugendliche, die Geburtenregelung und Ursachen der Säuglingssterblichkeit in der DDR.
Die im Bestand vorhandene Korrespondenz enthält umfangreiche Aussagen über den Arbeitsalltag in der Arztpraxis, den Entstehungsprozess kunstgeschichtlicher Abhandlungen von Walter Küchenmeister und die schulische und berufliche Entwicklung seiner Söhne. Daneben findet man Informationen über das Wirken von Mitgliedern der Widerstandsgruppe Schulze-Boysen/Harnack sowie über die solidarische Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten durch Verwandte und Freunde während der Haftzeit von Elfriede Paul. Die Briefe vermitteln einen Einblick in die Lebensumstände der Bevölkerung nach dem Ende des II. Weltkrieges ebenso wie die Entwicklung in den westlichen Besatzungszonen in Fragen der Entnazifizierung, der politischen Ausrichtung von SPD und CDU sowie der Frauenbewegung.
Arbeitsmaterialien aus der beruflichen Tätigkeit sind vor allem aus ihrer Zeit als Ministerin für Aufbau, Arbeit und Wohlfahrt in der Landesregierung Hannover 1946 und als Direktorin des Instituts für Sozialhygiene an der Medizinischen Akademie Magdeburg überliefert.
Zum Nachlass von Elfriede Paul gehören auch Unterlagen von Walter Küchenmeister, darunter einige persönliche Dokumente der Familie Küchenmeister, Korrespondenzen zwischen Walter Küchenmeister und seinen Söhnen sowie Ausarbeitungen von ihm. Letztere betreffen vor allem philosophische Betrachtungen über das Leben, Interpretationen von Werken der bildenden Kunst und wissenschaftliche Untersuchungen zur gesellschaftlichen Entwicklung. Aus seinem literarischen Schaffen sind Kurzgeschichten, politische und Naturgedichte, Liebeslyrik, Gesänge, Tagebuchaufzeichnungen, Reisenotizen und Gedichte aus der Haft in Spandau erhalten geblieben.
Nach Abschluss der Bearbeitung liegen 54 AE mit einem Umfang von 1,20 lfm vor. Sie dokumentieren die Jahre 1903, 1912, 1918-1981.
Der Nachlass ist im Rahmen der Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes für die Benutzung frei zugänglich. Bei Veröffentlichung ist wie folgt zu zitieren
Langform: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv NY 4229/1
Kurzform: BArch NY 4229/1 (Beispiel für die Zitierung der Akte mit der Nummer 1)
Umfang, Erläuterung
52 AE
Zitierweise
BArch NY 4229/...