Walcher, Jakob

Identifier
NY 4087
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1910 - 31 Dec 1990
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Nachlässe

79 Aufbewahrungseinheiten

2,5 laufende Meter

Creator(s)

Scope and Content

Bestandsbeschreibung

Jacob Walcher

7.5.1887 in Wain, Oberamt Laupheim (Württemberg) als Sohn eines Kleinbauern geboren

1893 - 1901 Besuch der Volksschule

1902 Hilfsarbeiter in einer Steindruckerei und einer Brauerei in Stuttgart

1906 als Dreher bei Daimler-Benz in Stuttgart angelernt

1906 Mitglied im Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD)

1906 Mitbegründer des Vereins Freie sozialistische Jugend in Stuttgart (auch "Freie Jugend" genannt)

1908 - 1910 Vorsitzender der "Freien Jugend" - Förderung der politischen Bildung J. Walchers durch Käte und Hermann Duncker

1910 - 1911 Besuch der SPD-Parteischule in Berlin - Vorlesungen u. a. bei Rosa Luxemburg

1911 - 1914 Redakteur des Bezirksorgans der SPD Württemberg "Schwäbische Tagwacht"

1911 - 1913 verschiedene Aufgaben und Funktionen im DMV Stuttgart

1914 wegen Opposition gegen die sozialdemokratische Kriegspolitik als Redakteur aus der "Schwäbischen Tagwacht" entlassen

1914 - 1915 vier Monate Soldat in der kaiserlichen Armee, danach Entlassung als körperlich

"untauglich"

1915 Übersiedlung nach Berlin und Beschäftigung als Fräser bei den Argus Motorenwerken Reinickendorf

November 1915 wegen Verbreitung von Antikriegs-Flugblättern verhaftet und zu drei Monaten Gefängnis verurteilt

1915 Anhänger und Mitglied des Spartakusbundes

1916 Spitzendreher in einer Pulverfabrik (Inhaber Wollmershäuser & Gurth) in Nowawes bei Potsdam;

1916 - 1918 Verbindungsmann des Spartakusbundes zu den Revolutionären Obleuten

1917 erneuter Kriegsdienst in der Kaiserlichen Armee - Armierungssoldat an der Front bei Verdun, danach wieder als "dienstuntauglich" entlassen

1918 aktive Teilnahme (auch an der Vorbereitung) am großen Januarstreik in Berlin

  1. Oktober 1918 Teilnahme an der Reichskonferenz der Spartakusgruppe

  2. November 1918 auf Beschluss der Spartakusführung Rückkehr nach Stuttgart und dort tätig als Parteisekretär, außerdem wird er Mitglied des Stuttgarter Vollzugsausschusses der Arbeiter und Soldatenräte

1918/1919 Teilnahme am Gründungsparteitag der KPD als Delegierter Württembergs, gemeinsam mit Wilhelm Pieck Vorsitzender des Parteitages

1919 Referat zur Gewerkschaftsfrage auf dem Heidelberger Parteitag und Wahl in das ZK der KPD

1920 Übersiedlung nach Berlin und Gewerkschaftsredakteur der "Roten Fahne"

1920/1921/1923 Wahl und Wiederwahl in die Zentrale der KPD auf dem 3., 4., 5., 7. und 8. Parteitag als Mitglied bzw. Ersatzmitglied (Kandidat)

Juli - August 1920 Delegierter der KPD zum II. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (KI), zusammen mit Rosi Wolfenstein eine einstündige Aussprache mit W.I. Lenin

1921 Wahl als Delegierter zum Verbandstag, der 15. Generalversammlung des DMV in Jena

1921 - 1923 Mitglied der Reichsgewerkschaftszentrale und Leiter der Gewerkschafts-Abteilung beim ZK der KPD und Mitglied des Politbüros

1923 Veröffentlichung des Buches "Ford oder Marx" im Neuen Deutschen Verlag

Juni 1923 Teilnahme als Vertreter der KPD an der Tagung des Erweiterten EKKI-Plenums in Moskau, (Aufenthalt für mehrere Monate)

1924 als Mitglied aus dem Politbüro und aus dem ZK sowie als Leiter der Gewerkschafts-Abteilung des ZK der KPD wegen Differenzen mit der ultralinken Ruth-Fischer Politik abgelöst

1924 - 1926 Aufenthalt in der Sowjetunion, v. a. in Moskau und Tätigkeit als Mitglied des Vollzugsrates der Roten Gewerkschafts-Internationale (RGI)

1926 - 1928 Rückkehr nach Deutschland - arbeitsunfähig aus gesundheitlichen Gründen

1928 Mitarbeiter in der Gewerkschaftsabteilung des ZK der KPD unter Leitung von Fritz Heckert

1928 Ausschluss aus der KPD zusammen mit Heinrich Brandler und August Thalheimer wegen Differenzen mit der Gewerkschaftspolitik der KPD-Führung

1928 - 1931 Teilnahme an der 1. Reichskonferenz der KPO (auch KPD(O) genannt) und Gründungs- und Leitungsmitglied der KPO, Mitherausgeber der KPO-Zeitschrift "Gegen den Strom"

1931 - 1932 Mitglied der Sozialistischen Arbeiter Partei (SAP) und Teilnahme am 1. Parteitag des SAP sowie Wahl in den (geschäftsführenden) Vorstand; Chefredakteur der "Arbeiterpolitik"

1932 hauptamtliches Mitglied des Parteivorstandes der SAP

1933 Emigration nach Frankreich (Paris) und Leitung der Exil-SAP unter dem Decknamen Jim Schwab

1933 Jacob Walcher schickt den SAP-Genossen Willy Brandt zur politischen Exil-Arbeit in Norwegen

1933 Gespräche mit Leo Trotzki nahe Paris und Scheitern einer Konzeption für die 4. Internationale

1933 - 1940 aktive Arbeit mit Sozialdemokraten und KPD-Genossen an der Schaffung einer Volksfrontbewegung gegen den Faschismus und für die Aktionseinheit aller antifaschistischen Kräfte sowie die Bildung einer Einheitspartei

1935 Ausbürgerung Jacob Walchers durch die Nazibehörden

1939/1940 Internierung in verschiedenen Lagern und Gefängnissen in Frankreich und Spanien, dann per Schiff von Lissabon mit Visum des Emmergency Rescue Committee nach den USA ins Exil

  1. Mai 1941 Heirat mit Hertha Gordon Osterloh

1942 - 1946 Arbeit als Dreher in einem New Yorker Kleinbetrieb

1944 Mitglied und Mitarbeit im Council for a Democratic Germany, dort u. a. Zusammenarbeit mit Bertholt Brecht

1946/1947 Rückkehr aus der Emigration und Eintreffen im demokratischen Sektor von Berlin

1947 Eintritt in die SED und Bruch mit Willy Brandt

1947 - 1951 Chefredakteur der gewerkschaftlichen Tageszeitung "Tribüne"

1951 Ausschluss aus der SED wegen seiner Tätigkeit für die KPO und die SAP und seiner Kontakte zu Leo Trotzki

1951 - 1952 Tätigkeit für das Institut für Zeitgeschichte

1953 - 1963 freier Mitarbeiter am Institut für Marxismus-Leninismus (IML)

1956 Rehabilitierung Jacob Walchers

  1. März 1970 in Berlin verstorben

Hertha Walcher, geborene Gordon

  1. August 1894 in Königsberg geboren

1900 - 1908 Besuch der Volksschule

1912 Übersiedlung nach London und Ausbildung als Stenotypistin

1914 Kontaktaufnahme zu Clara Zetkin

Januar/Februar 1915 Übersiedlung nach Stuttgart und persönliche Bekanntschaft mit Clara Zetkin und Friedrich Westmeyer (SPD-Vorsitzender in Stuttgart)

März 1915 Aufnahme in die SPD

1917 - Januar 1918 in Königsberg, Verhaftung wegen "pazifistischer Propaganda" und Internierung im Lager Holzminden

Juni 1918 durch Vermittlung Clara Zetkins und der sowjetrussischen Botschaft in Berlin auf dem Austauschwege nach Moskau verbracht und persönliche Übergabe eines Briefes von Clara Zetkin an W.I. Lenin

Juni - November 1918 Sekretärin bei Karl Radek und pro forma Heirat mit Hermann Osterloh

Anfang Dezember 1918 Rückkehr nach Deutschland, Januar 1919 Berlin, dann Stuttgart

Oktober 1919 Begleitung Clara Zetkins zum Heidelberger Parteitag

1920 - 1925 Sekretärin von Clara Zetkin und in dieser Zeit Bekanntschaft mit Jacob Walcher

1925/1926 Arbeit am Marx-Engels Institut in Moskau

1926/1927 Tätigkeit in der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin

1928/1929 Bruch mit der KPD und Mitglied der KPO

1932 Mitglied der SAP

1933 - 1940 Exil in Paris und Arbeit in der SAP-Auslandsabteilung zusammen mit Jacob Walcher

Dezember 1940 bis 1947 Emigration in die USA

  1. Mai 1941 Heirat mit Jacob Walcher in New York

1947 Rückkehr nach Deutschland, in Berlin Mitglied in der SED und politische Tätigkeit in der SED-Wohngruppe

nach 1947 Tätigkeit als freischaffende Übersetzerin

1958 Auszeichnung mit der Medaille "Kämpfer gegen den Faschismus"

1963 Auszeichnung mit der "Clara-Zetkin-Medaille"

  1. Dezember 1990 in Berlin verstorben

Inhaltliche Charakterisierung

Der Nachlass von Jacob und Hertha Walcher gelangte in mehreren Etappen ins Archiv. Der erste Teil wurde in den 1960-1980er Jahren noch direkt von den Walchers an das Zentrale Parteiarchiv der SED übergeben. Den zweiten Teil übergab Herr Uwe Baier drei Jahre nach dem Ableben von Hertha Walcher 1993 der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv als Depositum.

Die Unterlagen aus den ersten Übergaben sowie einige von Herrn Karl Walcher im Jahre 2001 übergebene Dokumente sind Eigentum der Stiftung.

Zu den ersten Übergaben aus dem Nachlass, etwa 0,8 lfm und 21 AE, wurde bereits im Zentralen Parteiarchiv der SED eine Findkartei erstellt. Die von Herrn Baier übergebenen ca. 3 lfm umfassenden Unterlagen, waren vor der jetzigen Verzeichnung bereits zum größten Teil geordnet und z.T. mit einer vorläufigen Signatur versehen worden. Im Zuge der nunmehr vorgenommenen Bearbeitung wurden beide Teile zusammengeführt, fein geordnet und endgültig verzeichnet. Im Ergebnis dieser Erschließung liegen 79 AE (2,50 lfm) mit Dokumenten aus dem Zeitraum von 1910 bis 1990 vor.

Der Nachlass umfasst neben einer Vielzahl persönlicher Dokumente von Jacob und Hertha Walcher Manuskripte von Veröffentlichungen, Artikel, Referate, Reden und Analysen v. a. aus der Tätigkeit von Jacob Walcher als Chefredakteur der Gewerkschaftszeitung "Tribüne" von 1947-1951 und aus seiner Mitarbeit am Institut für Marxismus-Leninismus (IML) von 1953-1963.

Während seiner Tätigkeit am IML befasste er sich v. a. mit der Aufzeichnung seiner Erinnerungen an seine partei- und gewerkschaftspolitische Arbeit als führender Funktionär der deutschen Arbeiterbewegung, zunächst in Stuttgart und dann auch in Berlin, in der SPD, der KPD, der SAP wie letztlich in der SED.

Darüber hinaus hinterlassen Jacob und Hertha Walcher eine reiche private Korrespondenz untereinander, aber auch mit Familienangehörigen und einer Vielzahl von Freunden, darunter auch mit Bertolt Brecht. Besonders zu erwähnen ist die Korrespondenz Jacob Walchers mit SAP-Mitgliedern in verschiedenen Ländern des Exils, in den USA, in Mexico, auf Kuba, in England, in Norwegen und in Schweden, darunter mit Willy Brandt, Fritz Lamm und Boris Goldberg.

Des weiteren standen Hertha und Jacob Walcher im regen Briefwechsel mit Einzelpersönlichkeiten und Institutionen in der Zeit ihrer Emigration in den USA und später in der DDR wie z. B. mit Käte und Hermann Duncker, den Familien Budzislawski und Seydewitz, mit Wilhelm Pieck, Walter und Lotte Ulbricht, mit Helene Weigel, dem Berliner Ensemble und dem Brecht-Archiv, mit der Parteikontroll-Kommission der SED, dem Kulturbund, dem Tierpark Berlin und seinem Direktor Prof. Dr. Dathe wie auch mit Schulen und Einrichtungen. Mit letzteren korrespondierte v. a. Hertha Walcher, soweit diese den Namen Clara Zetkin trugen, was ihrer frühen Bekanntschaft mit ihr in den 1920er Jahren und ihrer Tätigkeit als Privatsekretärin Clara Zetkins in dieser Zeit geschuldet war.

Hertha Walchers Teil des Nachlasses umfasst dabei zahlreiche persönliche Dokumente aus dem gemeinsamen Aufenthalt im Exil in Paris und New York, ihre umfangreiche private Korrespondenz aus der Zeit des Zusammenlebens mit Jacob Walcher und Briefe nach seinem Tod in Fortsetzung der Korrespondenz Walchers sowie solche mit ihrer Familie und ihren Freunden.

Im Zuge der Bearbeitung sind Bilder von Jacob und Hertha Walcher in das Bildarchiv der Stiftung abgegeben und dort in die biografische Sammlung unter der Signatur Bild Y10 eingearbeitet worden.

Die Auswertung des Nachlasses unterliegt keinen anderen Beschränkungen als der Beachtung von Persönlichkeitsschutzrechten Betroffener und schutzwürdigen Belangen Dritter.

Bei eventuellen Veröffentlichungen ist wie folgt zu zitieren: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, NY 4087/ 1, Kurzform: BArch NY 4087/ 1 (Beispiel für die Zitierung der Akte mit der Nummer 1).

Andreas Diehl

Umfang, Erläuterung

79 AE

Zitierweise

BArch NY 4087/...

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