Reichsverband der Deutschen Presse

Identifier
R 103
Language of Description
German
Dates
1 Jan 1930 - 31 Dec 1945
Level of Description
Collection
Languages
  • German
Source
EHRI Partner

Extent and Medium

Schriftgut

236 Aufbewahrungseinheiten

3,5 laufende Meter

Creator(s)

Biographical History

Geschichte des Bestandsbildners

Der Reichsverband der Deutschen Presse wurde im Jahre 1910 als Fachorganisation der Deutschen Redakteure und Journalisten gegründet. Seine Zielsetzung lag insbesondere in der Wahrnehmung berufsständischer Interessen wie z.B. in der Gewährung von Rechtsschutz und in der sozialen Fürsorge für seine Mitglieder. Kurz nach der Übernahme durch die NSDAP wurde der Verband dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt und als Fachverband der Reichspressekammer angeschlossen. Im Zuge seiner Gleichschaltung wurde am 30. April 1933 der spätere Reichspressechef Dr. Otto Dietrich zum Leiter gewählt.

Einer der stellvertretenden Vorsitzenden wurde Hauptmann a.D. Wilhelm Weiss, der seit April 1933 auch Vorsitzender des Landesverbandes Berlin war. Nach der Berufung von Dietrich zum Vizepräsidenten der Reichspressekammer wurde Wilhelm Weiss Leiter des Reichsverbandes. (1)

Mit dem Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I, S. 713) wurde der Verband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; seine Aufgaben wurden in dem Gesetz bis in die Einzelheiten geregelt. (2) Wer überhaupt journalistisch tätig werden durfte , musste in die Berufsliste des Reichsverbandes aufgenommen worden sein. Somit wurde der Journalismus bereits "an der Quelle" reguliert und weitere Zensurmaßnahmen waren nur noch in Ausnahmefällen erforderlich. Im Jahre 1937 zählte der Verband 15360 Mitglieder.

Es existierten folgende Organe:

a) Der Beirat:

Er gliedert sich in den Kleinen Führerrat, der, vom Leiter nach Bedarf einberufen, Verbandspolitik und Geschäftsführung unterstützen sollte, dann in den aus den Leitern der Landesverbände oder deren Stellvertreter gebildeten Reichsausschuss, endlich in die Fachausschüsse der verschiedenen im RDP vertretenen Interessengruppen.

Der Kleine Führerrat setzte sich im Jahre 1935 aus folgenden Mitgliedern zusammen:

Hauptschriftleiter Karoly Kampmann, Leiter des Landesverbandes Berlin,

Hauptschriftleiter Alfred Ingemar Berndt, Deutsches Nachrichtenbüro,

Schriftleiter Gunter d"Alquen, "Völkischer Beobachter",

Hauptschriftleiter Fritz Lucke, "Berliner Nachtausgabe",

Hauptschriftleiter Dr. Karl Silex, "Deutsche Allgemeine Zeitung",

und

Hauptschriftleiter Hans Schwarz van Berk, "Angriff".

Die Fachausschüsse hatten im Jahre 1935 folgende Leiter:

Kritiker: C. M. Koehn, Berlin

Zeitschriftenleiter: Walter E. Schulz, Berlin

Wirtschaftsschriftleiter: Dr. Walter Croll, Berlin

Sportschriftleiter: Dr. Hans Bollmann, Berlin

Schriftleiterin: Annie Juliane Richert, Berlin

Bildberichterstatter: Dr. Hans Diebow, Berlin

Pressezeichner: Karl Benedek, Berlin

Rundfunkpresse: Heinz Franke, Rehbrücke bei Potsdam Freier

Mitarbeiter: Dr. Herbert Gerigk, Berlin

Jugendpresse: Oberbannführer Erich Fischer, Berlin.

Nur der Fachausschuss der Bildberichterstatter (später Reichsausschuss der Bildberichterstatter genannt) scheint, bedingt durch den gewaltigen Umfang der Bildberichterstattung während des Krieges eine gewisse Bedeutung gewonnen zu haben.

b) Der Reichspressetag:

Der Reichspressetag war das Jahrestreffen der Schriftleiter.

c) Die Berufsgerichte :

Die Berufsgerichte sollten Ausdruck des im Reichsverband der Deutschen Presse verkörperten berufsständischen Denkens sein und eine berufseigene und unabhängige Gerichtsbarkeit gewährleisten. Neben den Verfahren gegen Schriftleiter wegen Verstößen gegen das Schriftleitergesetz, die teilweise auf Anordnung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda eingeleitet wurden, lag in ihrer Zuständigkeit auch die letzte Entscheidung über Eintragung oder Löschung in der Berufsliste, die über die Möglichkeit der Ausübung des Berufs entschied. Zudem übten die Berufsgerichte eine Gutachtertätigkeit aus bei der Beurteilung von Kündigungen, deren Rechtmäßigkeit bestritten wurde, und griffen somit direkt in das Verhältnis zwischen Verleger und Schriftleiter ein.

Die erste Instanz bildeten die Bezirksgerichte der Presse, die sich am Sitz eines jeden Landesverbands befanden. Je sechs Schriftleiter und sechs Verleger waren als Beisitzer, sechs Schriftleiter und sechs Verleger als stellvertretende Beisitzer bestellt. Ihre Zahl wurde später aus finanziellen Erwägungen reduziert. (3)

d ) Hauptgeschäftsführer und Hauptgeschäftsstelle:

Dem Hauptgeschäftsführer oblag die Führung der Hauptgeschäftsstelle und die Aufsicht über die Landesverbände sowie die Zentralhilfskasse und die Reichspresseschule. Hauptgeschäftsführer war bis Ende 1934 Prof. Alfred Herrmann; ihm folgten im Juni 1935 Wilhelm Ihde (4) und ab Mai 1937 Dr. Hans Henningsen. Ab Januar 1945 übernahm Dr. Gertrud Hoffmann, die Leiterin der Abteilung Berufsliste, kommissarisch das Amt.

Während der Jahre, in denen Wilhelm Ihde Hauptgeschäftsführer war, bestand die Hauptgeschäftsstelle aus folgenden Abteilungen : (5)

Referat 1: Hauptgeschäftsführer:

Ihm oblag außer der Vertretung des Leiters der allgemeine Geschäftsverkehr, das Personalwesen, die Organisation (soweit der Leiter darauf keine Einfluss nahm), politische Angelegenheiten, die Anwendung des Schriftleitergesetzes im Einvernehmen mit dem Referat 2, das Finanzwesen und die allgemeine Verwaltung.

Referat 2 : Justitiar:

Zu seinem Arbeitsbereich gehörten die Leitung der Rechtsabteilung, die Wahrnehmung der allgemeinen Rechtsangelegenheiten, natürlich auch die Anwendung des Schriftleitergesetzes im Einvernehmen mit dem Referat 1, der Verkehr mit den Berufsgerichten, die Vertretung des Leiters des RDP vor dem Pressegerichtshof, Einleitung und Verfolgung von Ermittlungsverfahren, Vertragsangelegenheiten und Schiedsgerichtssachen.

Referat 3: Verbandspresse:

In diesem Referat wurden die allgemeine Presseangelegenheiten erledigt, hier wurden Berufsliste und Berufskartei geführt, auch Stellenmarkt und Stellenvermittlung und die soziale Fürsorge für Schriftleiter wurden hier erledigt. Zum Arbeitsbereich dieses Referats gehörte weiterhin die Schriftleitung des Verbandsorgans des RDP, der Zeitschrift "Deutsche Presse".

Referat 4: Reichspresseschule:

Der Zeitpunkt ihrer Gründung ist nicht aktenkundig, jedoch muss diese zwischen den Jahren 1933 und 1935 erfolgt sein. Ihre Aufgabe war die Schulung des Schriftleiternachwuchses, vor allem auch die politische Schulung des Nachwuchses im Sinne des Dritten Reiches.

Etwa ab 1940 ergab sich dann folgende Gliederung:

Referat A: Hauptgeschäftsführer

Referat B: Rechtsabteilung

Abteilungsleiter und Justitiar war ab Juni 1935 Landgerichtsrat Herbert Wawretzko.

Referat C: Berufsliste

Den Sparten der Berufsliste A (unbeschränkt zugelassene Schriftleiter), B (für bestimmte Fachgebiete zugelassen), C (Schriftleiter in Ausbildung) wurde im Verlauf des Krieges die Kriegssonderliste hinzugefügt. In sie wurden Wehrmachtsangehörige eingetragen, die bei Propagandakompanien und ähnlichen Einrichtungen tätig waren, ohne eine journalistische Ausbildung durchlaufen zu haben.

Referat D: Haushalts- und Personalwesen

Bis 1939 gehörte zu den Aufgaben des Haushalts- und Personalreferenten auch die Geschäftsführung der Reichspresseschule. Hier wurde auch die Umlagekarte geführt.

e) Die Landesverbände

Zur Aufgabe der Landesverbände gehörte es nicht nur, die Einhaltung des Schriftleitergesetzes in ihrem Bereich zu überwachen, sie hatten auch Eintragung und Umtragung in die verschiedenen Sparten der Berufsliste zu verfügen, Ablehnungen auszusprechen und die jeweilige Verfügung an die Hauptgeschäftsstelle zu melden.

Im Jahre 1935 gab es folgende Landesverbände:

  1. Landesverband Baden (Leiter: Adolf Schmid, Karlsruhe)

  2. Landesverband Bayern (Leiter: Dietrich Loder, München; Geschäftsführer: Dr. Oscar Held, München)

  3. Landesverband Berlin (Leiter: Karoly Kampmann, Berlin; Geschäftsführer: Walter Steinberg, Berlin)

  4. Landesverband Groß-Hamburg-Lübeck (Leiter: Hans Jacobi, Hamburg; Geschäftsführer: Dr. Oskar Schwalling, Hamburg)

  5. Landesverband Kurmark (Leiter: Wilhelm Glöde, Frankfurt/Oder)

  6. Landesverband Mecklenburg (Leiter: Friedrich Schmidt, Schwerin; Geschäftsführer: Walter Büsch, Schwerin)

  7. Landesverband Mitteldeutschland (Leiter: Dr. Werner Lahne, Magdeburg; Geschäftsführer: Dr. Hubert Clages, Magdeburg)

  8. Landesverband Mittelrhein (Leiter: Dr. Peter Winkelnkemper, Köln)

  9. Landesverband Niederrhein (Leiter: Heinrich Fetkötter, Düsseldorf)

  10. Landesverband Niedersachsen (Leiter: Wolfgang Thomas, Hannover; Geschäftsführender Leiter: Max A. Tönjes, Hannover)

  11. Landesverband Ostpreußen (Leiter: Dr. Alfred Lau, Königsberg; Geschäftsführer: Gustav Gruber, Königsberg)

  12. Landesverband Pfalz (Leiter: Emil Fr. Rasche, Neustadt an der Hardt; Geschäftsführer: Hermann Trutzel, Neustadt an der Hardt)

  13. Landesverband Pommern (Leiter: Paul Simon, Stettin; Geschäftsführer: Hermann Matschke, Stettin)

  14. Landesverband Rhein-Main (Leiter: Franz H. Woweries, Frankfurt/Main; Geschäftsführer: Herr Langenheld, Frankfurt/Main)

  15. Landesverband Sachsen (Leiter: Wilhelm Liske, Dresden; Geschäftsführer: Dr. Gertrud Hoffmann, Dresden)

  16. Landesverband Schlesien (Leiter: Dr. Karl Freiherr von Gregory, Breslau; Geschäftsführer: Albert Runge, Breslau)

  17. Landesverband Schleswig-Holstein (Leiter: Willi Ehlers, Itzehoe; Schriftführer: Dr. Wilhelm Hahn, Kiel)

  18. Landesverband Westfalen (Leiter: Eberhard Graf von Schwerin, Essen)

  19. Landesverband Württemberg (Leiter: Karl Overdyck, Stuttgart).

Mit Wirkung vom 1. Januar 1945 wurden die Landesverbände Mittelrhein, Rhein-Main und Baden-Westmark an den damaligen Sitz der Hauptgeschäftsstelle in Ingolstadt verlegt und mit ihr vereinigt, so dass vereinzelte Schriftgutreste dieser Landesverbände im Bestand vorliegen.

f) "Deutsche Presse"

Der Reichsverband der Deutschen Presse gab für seine Mitglieder die Zeitschrift "Deutsche Presse" heraus, in der über berufliche Fragen, Politik und Wirtschaft, vor allem aber über Verbandsangelegenheiten berichtet wurde. Sie erschien anfangs wöchentlich und wurde den Mitgliedern bis zum Jahre 1938 kostenlos zugestellt. Ihr Bezug war "berufsständische Pflicht". (6)

Ab 1. April 1938 ging das Verbandsorgan mit allen Verlagsrechten an den Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf. über, die sie schon gedruckt hatte. Nunmehr wurde die Schriftleitung "im Einvernehmen mit dem Leiter des RDP" vom Verlag bestellt.

Anmerkungen:

(1) Wilhelm Weiss (31. März 1892 - 15. Juli 1945) war bis zur Machtergreifung vielfach wegen Vergehen gegen das Gesetz zum Schutz der Republik verurteilt worden (vgl. Hale: Presse in der Zwangsjacke, S. 46).

(2) Vgl. Karl Schoof: Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933. Ein Beitrag zur Erforschung des NS-Pressewesens, Dissertation Wien 1968.

(3) Unterlagen über die Ernennung der Beisitzer in den Akten der Personalabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (R 55/ 185 ff). Siehe auch R 3001 (alt R 22/ 1505).

(4) Zur Ernennung von Ihde vgl. R 55/ 193.

(5) Vgl. Rundschreiben Nr. 15 in: R 103/ 1.

(6) Im Bundesarchiv sind in den Amtsdrucksachen nur ganz vereinzelte Ausgaben vorhanden.

Scope and Content

Geschichte des Bestandsbildners

Bestandsgeschichte

Beim Brand des "Hauses der Deutschen Presse" im Januar 1944 wurde ein Großteil der Akten des Reichsverbandes vernichtet. Akten aus der Zeit vor 1944, die den Brand überstanden haben, sind teilweise durch Brand- und Wassereinwirkung beschädigt. Erhalten blieben u.a. Akten über Personal- und Haushaltsangelegenheiten. Der Restbestand wurde, nachdem er im Jahre 1945 von den Amerikanern beschlagnahmt worden war, im Jahre 1967 von den National Archives Washington an das Bundesarchiv zurückgegeben. 1996 wurde der Bestand von Koblenz nach Berlin verlagert.

Archivische Bearbeitung

Ein Aktenplan ließ sich nicht feststellen. Der Bestand im Umfang von 235 Nummern wurde im Wesentlichen in Anlehnung an die Organisation der Behörde klassifiziert. Einzelne Bände waren vollkommen ungeordnet; sie konnten aus leicht einsehbaren Gründen nur bis zu einem gewissen Grade neu formiert werden. Kassiert wurden umfangreichere Unterlagen zur Haushaltsrechnung mit Belegen und Akten zur Dienststellenverwaltung. Zahlreiche Bände sind, insbesondere soweit sie erst 1944 nach dem Luftkriegsschaden wieder begonnen wurden, schon von ihrem Umfang her gesehen ziemlich dürftig. Von größerer und umfassenderer Bedeutung dürften letztlich vor allem die Rundschreiben an die Landesverbände, die Bände mit den Verfahren gegen einzelne Schriftleiter und die Akten über die Berufsliste sein. Verzeichnet wurden der Bestand von Herrn Vogel, der als Mitarbeiter des Südwestfunks im Sommer/Herbst 1968 im Bundesarchiv ein Volontariat ableistete sowie von Frau Archivinspektorin z. A. Riegl. Herr Vogel leistete auch Vorarbeiten für die Einleitung.

Zitierweise

BArch R 103/ ...

Erschliessungszustand

Online-Findbuch (2004).

Zitierweise

BArch R 103/...

Related Units of Description

  • Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv

  • Ergänzende Überlieferungen über den RPD finden sich insbesondere in den Akten der Abteilungen Haushalt und Personal des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (R 55/193, 266, 267, 723). In den Kleinen Erwerbungen 692 sind die Unterlagen über das Verfahren von Dr. Caspar Rathgeb beim Bezirksgericht der Presse beim Landesverband Bayern überliefert (1936-1960).

  • Amtliche Druckschriften

  • Deutsche Presse, Zeitschrift des Reichsverbandes der deutschen Presse (RD 33/16).

  • Verordnung über das Inkrafttreten und die Durchführung des Schriftleitergesetzes vom 19.12.1933. Verfahrensordnung über die Berufsgerichte der Presse. Satzung des Reichsverbandes der deutschen Presse. Richtlinien für die Zentralhilfskasse des RDP und die Unterstützungskassen der Landesverbände (RD 33/22).

  • Literatur

  • Karl Schoof: Das Schriftleitergesetz vom 04. Oktober 1933. Ein Beitrag zur Erforschung des NS-Pressewesens, Diss. Wien, 1968.

  • Joseph Wulf: Presse und Funk im Dritten Reich. 1964.

  • N. Frei: Die nationalsozialistischen Berufsgerichte der Presse. 1984.

  • Hans Hinkel (Hrsg.): Handbuch der Reichskulturkammer, Berlin 1937.

  • Jürgen Hagemann: Die Presselenkung im Dritten Reich, Bonn 1970.

  • Ariane Brückmann: Vom ersten Deutschen Journalistentag zum Reichsverband der deutschen Presse. Journalistische Berufsorganisationen in Deutschland zwischen 1864 und 1910. Magisterarbeit, Uni Mainz, 1997.

  • Fritz Hausjell: Journalisten für das Reich. Der "Reichsverband der deutschen Presse" in Österreich 1938-1945. 1993.

  • Inventar archivalischer Quellen des NS-Staates, hrsg. von Heinz Boberach, München 1991, Teil 1, S. 311.

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